Dokumentation Bericht zur Lesung mit Adriana Altaras in der Stadtbibliothek Magdeburg

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Kunst / Performance

„Titos Brille - Die Geschichte meiner strapaziösen Familie“,
Adriana Altaras in der Stadtbibliothek Magdeburg
Moderation: Eva von Angern

Eine gemeinsame Veranstaltung der RLS Sachsen-Anhalt mit dem Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt und der Stadtbibliothek Magdeburg Zum Bericht

„Titos Brille - Die Geschichte meiner strapaziösen Familie“
Bericht zur gemeinsamen Veranstaltung der RLS Sachsen-Anhalt mit dem Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt und der Stadtbibliothek Magdeburg von Eva von Angern


Es ist 18:30 Uhr, noch eine Stunde Zeit, bis die Lesung beginnt. Ich sitze in einem italienischen Restaurant in Magdeburg und neben der Regionalbüroleiterin der Rosa-Luxemburg-Stiftung betritt ein kleiner „Wuschelkopf“ den Raum. Wir begrüßen uns und was ich eben noch dachte, platzte schon aus mir heraus: „Sie sind ja überraschend klein!“ Die spontane Reaktion folgt prompt: „“Ich bin 1 Meter 57 groß. Eigentlich nur 1,55, aber im Einwohnermeldeamt habe ich 1,57 angegeben.“ Diese Sätze werde ich heute noch einmal hören. Zum Beginn der Lesung. Sie sind Teil ihres Buches, nämlich der Prolog. Ich entschuldige mich nach der Lesung für diesen peinlichen Faux pas. Klar, habe ich das Buch gelesen. Doch sie kam mir darin so groß vor. Doch auch hier reagiert sie lachend: „Ihnen steht eine große Karriere bevor. Sie haben Humor!“

Humor und Lebensfreude, das ist es, was Adriana Altaras den gesamten Abend über ausstrahlt und sie reißt das Publikum, das in die Stadtbibliothek gekommen ist und den Saal bis auf den letzten Platz gefüllt hat, mit sich. Sei es, wenn sie vom „Jüdischen Massaker“, der Beschneidung ihres Erstgeborenen, vorliest oder seien es die vielen Erzählungen zwischendrin: von ihrem übermäßig mit deutschen „Tugenden“ versehenen „arischen“ Ehemann, ihrem Vater, dessen nach seinem Tod entdeckten unendlichen Zahl von Liebschaften sie noch heute wütend macht. „Wenn deine Ehefrau, dir jeden Abend die Brote schmiert, dann macht MANN so was einfach nicht!“ Oder sei es ihre Psychotherapeutin, die total begeistert sein muss über ihre Patientin, weil sie doch einem Eigenheim hinsichtlich der Einnahmen gleich käme...

Es ist wohl kaum jemand im Raum, der sich dieser besonderen Ausstrahlung entziehen kann. Da ist es schon fast selbstverständlich, dass sie ähnlich unverhohlen – witzelnd – kritisch mit dem Judentum umgeht. Das ist für sie keine Religion, sondern mehr eine Lebensweise, ihre eigene Lebensweise. Sie macht sich lustig über alte Riten, ohne sich über Menschen zu erheben. Denn meist lacht sie über sich, über ihre eigene Auseinandersetzung mit ihrer Geschichte., mit „hartnäckigen Familiengeheimnissen“, mit der Tatsache, dass jeder „Juden nett findet, so lange sie Opfer sind“ und so verwundert es auch nicht, dass ein Kapitel in ihrem Buch mit der Überschrift „Der Rabbi in der Alditüte“ versehen ist. Lachen – die beste Medizin und Frau Altaras lässt dabei viel Luft zum Atmen. An keiner Stelle ein erhobener Zeigefinger. Das tut gut.

Und bevor die Frage nach dem Maß der Authentizität ihres Buches kommt, beantwortet sie auch diese in der Schnelligkeit, in der sie auch die Lektüre ihres Buches empfiehlt: „Sie werden es ahnen: fast alles!“

„Titos Brille – Die Geschichte meiner strapaziösen Familie“ und auch Teil zwei „Doitscha“ sind sehr empfehlenswerte Bücher. Insbesondere für Menschen, die sich auch sehr ernsten Themen mit einem zwinkernden Auge näher können und in der Lage sind, über sich selbst zu lachen.