Nachricht | Div. (Hrsg.): John Heartfield. Fotografie plus Dynamit; München 2020

Neue Publikation und Online-Ausstellung

Information

6200 Werke von John Heartfield umfasst der Online-Katalog der Akademie der Künste zum grafischen Werk des antifaschistischen Künstlers. Im Nachlass des 1891 geborenen und 1968 verstorbenen finden sich noch 3000 Fotos, 600 museale Objekte und 158 Kästen mit Schriftgut. In einer neuen, derzeit wegen Corona geschlossenen Ausstellung, und der dazugehörigen Publikation wird nun ein umfassender Einblick in das Werk Heartfields gegeben und seine Arbeitsweise nachvollziehbar gemacht.

Bernd Hüttner ist Referent für Zeitgeschichte und seit 2006 Koordinator des Gesprächskreises Geschichteder Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Die Ausstellung kann aus der Not heraus ersatzweise online angesehen werden, die ansprechend gestaltete Publikation ist im Buchhandel erhältlich. Sie zeigt Plakate, Buch- und Zeitschriftencover aus mehreren Jahrzehnten, in denen Heartfield «Bilder als Waffen» einsetzt, Waffen bzw. Bilder, die die Gewaltsamkeit der Welt zeigen sollen und den Antimilitarismus, Antikapitalismus und Antifaschismus Heartfields dokumentieren. Der Künstler arbeitet mit hoher Begabung und Prägnanz analog, er wählt aus, schneidet aus und zu, und fügt (wieder) zusammen. Er klagt an und klärt auf, vor allem in seinen Arbeiten für die mit hoher, mehrere hunderttausend Exemplare umfassenden Auflage vertriebene Arbeiter-Illustrierten-Zeitung (AIZ). Fotografie, Collage und Montage sind seine Formate. Walter Benjamin schreibt 1934 über Heartfield, dieser habe den Buchdeckel zum «politischen Instrument gemacht». Dies ist die künstlerische Seite von Heartfield, die in der Ausstellung und der Publikation ausführlich dokumentiert und reflektiert wird. Aber es gibt als zweite Ebene, das politische Leben von Heartfield, das mit seinem Eintritt in die KPD 1919, der Mitarbeit an der bereits 1921 gegründeten AIZ ab 1930, antifaschistischer Arbeit im Exil ab 1933 in Prag und ab 1938 lange Zeit in London und, ab 1950, als verdächtigter Westemigrant in der DDR grob skizziert ist.

Erst spät wird er Mitglied der Akademie der Künste der DDR. Er erhält zwar ab 1951 eine politische Pension, wird aber nach seiner Übersiedlung in die DDR weder in die SED, noch in die 1950 gegründete Akademie aufgenommen. 1964 legt er fest, dass sein Nachlass in die Akademie kommt, und seitdem wird er dort bearbeitet, bis zum Tod seiner Ehefrau Gertrud 1983 unter deren Mitarbeit. 1993 fusionieren die Akademien Ost und West. Sein Bruder, Wieland Herzfelde, ist unter anderem Verleger des Malik Verlages. Er emigriert 1938 in die USA und es dauert 12 Jahre bis sie sich, in Leipzig, wiedersehen. Wieland verstirbt 1988.

Die Publikation ist sowohl für Fachleute wie auch für ein breiteres Publikum gedacht –und geeignet, sie enthält unter anderem 250 Abbildungen in Farbe. Einen antifaschistischen Grafiker zu erinnern ist immer angezeigt. Vielleicht dient die Publikation und die (Online-) Ausstellung dazu, Heartfield, gerade unter jüngeren, wieder bekannter zu machen, auch wenn sein Ansatz im Zeitalter von digitaler Bildbearbeitung und systematischer Fake News heute etwas naiv und altmodisch wirken mag.

Anna Schultz, Angela Lammert, Rosa von der Schulenburg / für die Akadamie der Künste (Hrsg.): John Heartfield. Fotografie plus Dynamit; Hirmer Verlag, München 2020, 312 Seiten, 39,90 EUR