Nachricht | Baader/Kenkmann (Hrsg.): Jugend im Kalten Krieg; Göttingen 2021

Jahrbuch «funktioniert» über die Themen der Einzelausgaben, wie auch als Serie

Information

Das bereits 1922 gegründete Archiv der deutschen Jugendbewegungauf Burg Ludwigstein (bei Witzenhausen/Hessen) sammelt Archivalien der historischen Jugendbewegung und neuerdings - in Absprache und Kooperation mit anderen, ähnlichen Archiven - auch solche der Jugendbewegungen, Jugendverbände und Jugendkulturen bis heute. Seit 1969 erscheint unter wechselnden Titeln das Jahrbuch des Archivs, seit 2012 als Jahrbuch Jugendbewegung und Jugendkulturen.

Das innovative Jahrbuch resultiert in seinem jeweiligen Schwerpunkt vor allem aus dem jährlich stattfindenden wissenschaftlichen Workshop des Archivs, enthält aber auch Rezensionen, Forschungsberichte und weitere Beiträge. Die aktuelle Ausgabe hat das Thema «Jugend im Kalten Krieg» und veröffentlicht Beiträge der Archivtagung 2019 (Tagungsbericht). Sie untersucht in neun Beiträgen den Einfluss des Kalten Krieges bis 1989 auf Jugend und Jugendorganisationen in Ost und West. Knud Andresendiskutiert z.B. das Verhältnis zwischen Friedensbewegung und Gewerkschaftsjugend, Markus Köster stellt die Arbeit «Medienzentrum Ruhr», einer Gruppe der «Videobewegung» aus dem Ruhrgebiet der frühen 1980er vor. Diese versuchte, wie die anderen 1979 über 60 solcher Gruppen in der Bundesrepublik, Proteste zu dokumentieren und so in diese zu intervenieren. Der Videobestand des Zentrums ist heute im LWL-Medienzentrum Westfalen in Münster archiviert. Historisch weiter zurück geht der Beitrag von Alfons Kenkmann. Dieser behandelt den Tod von Philipp Müller, der am 11. Mai 1952 von der Polizei während einer kommunistischen Demonstration in Essen erschossen wird. Kenkmann zeigt, dass die Aufarbeitung und Deutung des Ereignisses bei den Akteursgruppen noch von der Folie der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus erfolgte. Janin Klein beschreibt «Internationalismus» und «Solidarität» an der 1946 gegründeten FDJ-Jugendhochschule «Wilhelm Pieck» der DDR (am Bogensee bei Wandlitz nahe Berlin gelegen) zwischen ideologischem Anspruch und alltäglicher Wirklichkeit.

Das Jahrbuch «funktioniert» über die Themen der Einzelausgaben (2019 etwa höchst spannend Lebensreform um 1900 und Alternativmilieu um 1980. Kontinuitäten und Brüche in Milieus der gesellschaftlichen Selbstreflexion im frühen und späten 20. Jahrhundert) wie auch als Serie. Es ist eine Freude, es zur Hand zu nehmen, da es immer interessante Texte, wichtige Hinweise und neue Sichtweisen bietet.

Bestandsverzeichnisdes Jahrbuch an Bibliotheken.

Meike Sophia Baader/Alfons Kenkmann (Hrsg.): Jugend im Kalten Krieg. Zwischen Vereinnahmung, Interessenvertretung und Eigensinn [Jugendbewegung und Jugendkulturen Band 16, 2020/21]; Vandenhoeck und Ruprecht Verlag, Göttingen 2021, 428 Seiten, 40 EUR