Nachricht | Projektgruppe (Hrsg.): Linke Plakate in Thüringen seit 1990; Berlin 2024

Buch und umfangreiche Website

Information

Diese Neuerscheinung enthält circa 200 politische Plakate aus Thüringen aus den Jahren 1990 bis 2023. Sie nehmen fast alle Bezug zu Ereignissen und Themen in Thüringen, seien es Nazis, Hausbesetzungen oder lokale feministische Demonstrationen oder Streiks. Die Plakate sind nur eine Auswahl, denn auf der Website druckmachen.arranca.de sind derzeit schon über 500 Plakate archiviert, online zugänglich und nach verschiedenen Kriterien durchsuchbar. Weitere Plakate werden gesucht und sollen dann ergänzt werden.

Die Plakate zeigen zum einen die Themen, mit denen sich soziale Bewegungen beschäftigen; dabei lässt sich ein eindeutiger Schwerpunkt beim Kampf gegen rechts verzeichnen. Zum anderen zeigen die Plakate ein in Thüringen ausgeprägtes Stadt-Land-Gefälle zwischen den drei Städten und Universitätsstandorten Erfurt, Jena und Weimar und den kleineren Städten, wie etwa Gotha, Saalfeld, Gera oder Eisenach. In den drei ›Großstädten‹ gibt es auch Kämpfe und Bewegungen jenseits der Antifa, zumindest wenn die vorliegende Plakate als Grundlage genommen werden.

Außerdem sind die Methoden und «Moden» der Plakatproduktion und -gestaltung zu beobachten. Wurden die ersten noch mit Hilfe eines Nadeldruckers erstellt, gibt es ab Ende der 1990er Jahre zusehends Desktop-Publishing-Programme, die mehr möglich machen. Die Techniken des Zerschneidens, Verfremdens und Collagieren sind aber ebenso wie Ironie immer wieder anzutreffen.

In der Einleitung und drei Artikeln werden weitere Aspekte angesprochen, etwa der der «Provinzialität». Interessant ist auch die Analyse, dass Plakate zwar oftmals nach außen wirken sollten, aber in der Rückschau mehr als nach innen gerichtet angesehen werden können und ihnen deswegen ein großer Quellenwert als Objekte, die Bedeutungen transportier(t)en, zugesprochen werden kann.

Karl Meyerbeer kann in seinem Beitrag zeigen, dass anhand der Plakate und der dort dokumentierten Bündniskonstellationen auch ablesbar ist, dass es zwischen 2001 und 2005, durch den Aufbau von Beratungsstellen und durch Demokratieförderprogramme zu einer gewissen Deradikalisierung kam. Diese bedeutet aber gleichzeitig auch, dass Antifaschismus auch in die Breite der Öffentlichkeit getragen wurde.

Zusammengefasst ein schönes Buch zu einem Stück Bewegungsgeschichte im als «kaltes Herz Deutschlands» kritisierten Thüringen, wunderbar gestaltet von Franziska Stübgen.

Projektgruppe Druckmachen (Hrsg.): DRUCKMACHEN. Linke Plakate in Thüringen seit 1990; Verlag Assoziation a, Hamburg/Berlin 2024, 240 Seiten, 30 Euro