Publikation Kommunikation / Öffentlichkeit - Kultur / Medien Überfordern Politiker die Bürger?

Kurzweilig und informativ: Medienpolitisches Podiumsgespräch - Von Maria Barsi

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Online-Publ.

Erschienen

September 2011

„Seltsam unpolitisch – wie informiert sich Sachsen-Anhalt“ war das Thema des Podiumsgesprächs zum Abschluss der LiMaregional am 10. September in der Otto- von Guericke-Universität zu Magdeburg. Wieso eigentlich interessierten sich so wenige Bürger für die Politik? Liegt es an den Medien, an den Politikern, an der Wirtschaft? Moderator Sergej Lochthofen, freier Journalist und ehemaliger Chefredakteur der Tageszeitung „Thüringer Allgemeine“, provozierte, polemisierte und legte sichtlich vergnügt immer wieder den Finger in die Wunde, an der Fernseh-, Radio-, Internet- und Zeitungsmacher, nicht zuletzt Politiker lecken. Das war auch nötig, denn die Diskutierer gingen das Thema vorsichtig an. Bis auf Uwe Gajowski vom Deutschen Journalistenverbandes Sachsen-Anhalt, der es nicht für verwunderlich hält, wenn politische Themen in lokalen wie regionalen Medien kaum noch kritisch und tiefgründig aufbereitet würden. Schließlich sei doch unbestritten, dass der Journalist als Träger der Pressefreiheit in Sachsen-Anhalt nicht mehr wirtschaftlich unabhängig sei, was er am Beispiel der Magdeburger „Volksstimme“ festmachte.

Wie politisch ist denn das öffentlich-rechtliche Fernsehen? Elke Lüdecke, Direktorin des MDR-Landesfunkhauses , findet nicht, dass „die Leute“ unpolitischer als noch vor zwanzig Jahren seien. Die unstrittige Politikverdrossenheit liege eher daran, dass die Bürger sich von den Politkern nicht genügend gehört und ernstgenommen fühlten. Eben, eben, meinte Enrico Seppelt von der Internet-Plattform „Halle-Forum“, deshalb hätten er und seine Kollegen ja so viel Zuspruch für ihre Beiträge zu stadtpoltischen Themen. Dabei bedauerte er, dass die Zusammenarbeit mit dem Print-Bereich, zum Beispiel mit den „über 50 Jahre alten MZ-Redakteuren“ (Mitteldeutsche Zeitung Halle) so unterentwickelt sei. „Für die scheint das Internet Teufelszeug zu sein“, meinte er, wobei er im selben Atemzug die MZ-Online-Redakteure von dieser Kritik ausschloss. Im Übrigen, so André Gierke vom Radio Brocken/RTL-Group, sollten Politiker viel offener gegenüber den Medien sein, wenn sie wirklich wollen, dass ihre Themen unter die Leute gebracht werden.

„Überfordern Sie die Bürger?“ fragte Lochthofen den einzigen Politiker in der Runde, Stefan Gebhardt von der Linken-Fraktion im Landtag Sachsen-Anhalt. Man biete den Journalisten ja häufig wichtige Themen an, wehrte sich dieser. Die spannende oder wenigstens interessante Aufbereitung sei dann aber doch die Aufgabe der Medien.
Wie stellt man sich denn die Medienlandschaft in zehn Jahren vor? fragte Lochthofen nach anderthalbstündiger Diskussion. Gajowski glaubt an eine Medienlandschaft, in der mindestens zwei Tageszeitungen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk, Private, das Internet und Bürgermedien ihren Platz haben. Dabei hofft er auf soliden, glaubwürdigen Journalismus und dass es gelinge, die Ökonomisierung des Journalismus zu stoppen. Tom Gräber von der Harz-Börde-Welle denkt, dass sich der Lokaljournalismus weiter ausdifferenzieren werde. Lüdecke ist überzeugt, dass der MDR dann immer noch aus Mitteldeutschland sendet und Radiomann Gierke stellt sich vor, dass es in zehn Jahren gar keine Tageszeitung in Sachsen-Anhalt mehr gibt. Letzterem widersprach Lochthofen. Eine gedruckte Zeitung werde es auch in 20 Jahren noch geben: als Luxusartikel, wie es früher schon so gewesen sei. Wenn sich auch ein Vertreter der immerhin drei Tageszeitungen in Sachsen-Anhalt der Diskussion gestellt hätte, hätte er etwas dazu sagen können.