Kommentar | International / Transnational - Sozialökologischer Umbau - Corona-Krise - Klimagerechtigkeit Die gute Nachricht, die schlechte Nachricht und faule Folgerungen

Klimagerechtigkeit und die Pandemie

Information

Autor*innen

Tetet Lauron, Nadja Charaby,

Tōdai-ji-Tempel in Nara am 16. April 2020
Das Foto zeigt den während des Ausbruchs des neuen Coronavirus COVID-19 verlassen wirkenden Tōdai-ji-Tempel in Nara am 16. April 2020. Japans Regierung verhängte am 7. April für etwa einen Monat den Ausnahmezustand über Tokio und sechs weitere Präfekturen (Saitama, Kanagawa, Chiba, Osaka, Hyogo und Fukuoka). Am 16. April beschloss die japanische Regierung, die Notstandserklärung auf das gesamte Land auszudehnen. Als Zeitraum wurde die Periode bis zum 6. Mai angesetzt. Japans Premierminister Shinzo Abe hat die Bevölkerung gebeten, weitestmöglich zu Hause zu bleiben.
  Yomiuri Shimbun / AP Images / picture alliance

Die COVID-19-Pandemie steht heute weltweit an erster Stelle auf der Tagesordnung, vor allen anderen Themen. UN-Generalsekretär António Guterres hat die Kriegsparteien in aller Welt dazu aufgerufen, bewaffnete Konflikte niederzulegen und sich auf den «wahren Kampf unseres Lebens» zu konzentrieren. Auch der Kampf gegen den Klimawandel wurde inzwischen in den Hintergrund gedrängt, indem die diesjährigen Klimaverhandlungen im Interesse der öffentlichen Gesundheit verschoben wurden.

Tetet Lauron lebt auf den Philippinen, wo sie als Beraterin für die Abteilung Internationale Politik der Rosa-Luxemburg-Stiftung tätig ist.

Nadja Charaby ist Referatsleiterin der Abteilung Internationale Politik und Nordamerika sowie Referentin für Klimapolitik bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Der UN-Klimagipfel 2020 wäre für die im Pariser Klimaabkommen von 2015 skizzierten Vereinbarungen ein wichtiger Impuls gewesen. 2020 sollte das Jahr sein, in dem die Zusagen und Fortschritte der Länder bei der Reduzierung der Treibhausgasemissionen überprüft und verbessert werden sollten. Darüber hinaus sollten die nötigen Ressourcen sichergestellt werden, um den am stärksten betroffenen Ländern zu helfen, nachdem die Regierungen es auf der 25. UN-Klimakonferenz (COP 25) in Madrid versäumt hatten, sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen, um die schwersten Auswirkungen des «Klimanotstands» abzuwenden. Als wäre es nicht genug, dass ein Vierteljahrhundert hochrangiger Treffen kaum mehr als endlose Verhandlungen hervorgebracht hat, deren «Lösungen» – Ausweitung der Märkte, der weltweiten Ressourcenausbeutung, der Produktion und des Wirtschaftswachstums – den Ökosystemen der Erde nur weiter schadeten.

Dies könnte sich jetzt zuspitzen, denn während die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Pandemie gerichtet ist, verfolgen Unternehmen aktiv ihre Expansions- und Abbauinteressen, wie im Fall der Keystone-XL-Pipelines, die durch indigene Gebiete verlaufen, oder des Bergbaugiganten Oceana Gold. Zu möglichen Rettungspaketen der Regierungen, die die Auswirkungen der Pandemie für Kohlekraftwerke und die globale Luftfahrtindustrie abfedern sollen, kommt jene Lobbyarbeit, die erfolgreich zur Schwächung der öffentlichen Gesundheitssysteme und von Umweltschutzauflagen beiträgt. Dies betrifft nicht nur ärmere Länder oder die USA mit ihrer Anti-Klimapolitik, auch die deutsche Autolobby versucht, die Sorge um Arbeitsplätze gegen Klimavorhaben auszuspielen – zugunsten von Unternehmenseinnahmen.

Gerade in dieser Zeit von Krise und Ungewissheit neigen Menschen auf der Suche nach einem Hoffnungsschimmer dazu, die unterschiedlichsten Lehren aus der Coronavirus-Pandemie zu ziehen (haben wir denn je wirklich aus Lektionen gelernt?) und verschiedenste Überlegungen zu einer Zukunft für Mensch und Planet nach COVID-19 anzustellen.

Die gute Nachricht — Eine verstärkte internationale politische Mobilisierung ist möglich!

Eine der nachhaltigeren Lektionen aus dem Coronavirus betrifft die Bedeutung schnellen Handelns. COVID-19 hat gezeigt, dass es zu spät sein kann oder Folgen zu schwer wiegen, wenn Maßnahmen so lange verzögert werden, bis Auswirkungen sichtbar sind. Obwohl die Öffentlichkeit bereits seit Januar über das Virus informiert war, stufte die WHO seine Verbreitung offiziell erst im März als Pandemie ein. Einige Regierungsoberhäupter verharmlosten entweder in unverschämter Zurschaustellung ihrer Arroganz oder in der für moderne Gesellschaften typischen Abneigung gegenüber Prävention die erheblichen Gefahren des Virus.

Die globalen Maßnahmen folgten dem Vorsorgeprinzip erst verzögert. Laut diesem obliegt es der sozialen Verantwortung, zum Schutz der Öffentlichkeit auf (im Zweifelsfall sogar übertriebene) Vorsichtsmaßnahmen zu setzen. Das Vorsorgeprinzip räumt dem präventiven Handeln angesichts einer nicht abzuschätzenden Lage den Vorrang ein und ist zur Grundlage einer zunehmenden Zahl internationaler Verträge geworden, etwa der Rio-Erklärung der UN über Umwelt und Entwicklung oder des Vertrags von Maastricht (der zur Gründung der Europäischen Union führte).

Die internationalen Reaktionen auf das Virus zeigen, dass schnelles und weitreichendes politisches Handeln im Notfall tatsächlich möglich ist. Innerhalb von 30 Tagen wurde verwirklicht, was undenkbar schien – die Schließung von Grenzen, Flughäfen und Arbeitsstätten, sowie Kontaktbeschränkungen, die Millionen zwingen, zu Hause zu bleiben, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Es gibt jedoch zahlreiche Debatten darüber, ob weltweit polizeilich oder militärisch umgesetzte Abriegelungen bei gleichzeitigem Mangel an angemessenen Gesundheits- und Nothilfemaßnahmen für die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen der wirksamste und humanste Ansatz zur Bekämpfung der Ausbreitung ist.

Zum Vergleich: Erst im vergangenen Jahr wurde die Welt Zeuge, wie Millionen junger Menschen aus dem globalen Süden und Norden auf die Straße gingen, um die Untätigkeit der Regierungen in Bezug auf die Klimakatastrophe anzuprangern. Es gab große Reden, in denen Regierungsvertreter*innen der Jugend dazu gratulierten, dass sie sich zu Wort gemeldet hatte, und es gab kühne Zusicherungen zum Wohl des Planeten für kommende Generationen. Im Wesentlichen wurde jedoch «business-as-usual» praktiziert; globale Temperaturen stiegen unvermindert an, die Verbrennung fossiler Energieträger und die Zerstörung der Wälder wurden fortgeführt. Noch schwerwiegender war es, dass weiterhin falsche Lösungen gepriesen wurden, darunter etwa  Bioengineering, Atomkraft, Erdgas als «Übergangs-» Brennstoff und Kohleersatz,  CO2-Abscheidung und -Speicherung oder der bereits gescheiterte Emissionshandel. Dazu gehört auch die Auffassung, hundertprozentig erneuerbare Energien könnten (ohne gleichzeitige Demokratisierung der Eigentumsverhältnisse und des Zugangs) die klimatische Entwicklung vor dem Punkt, an dem es kein Zurück gibt, retten.

Die schlechte Nachricht – Es ist längst keine Science-Fiction mehr

Es ist wichtig, die Vorstellung vom Coronavirus als «Naturkatastrophe» als irrig zu entlarven. Wissenschaftler*innen warnen seit langem davor, dass die Zerstörung der biologischen Vielfalt die Voraussetzungen für neue Viren und Krankheiten schafft. Die Pandemie erinnert uns daran, dass das gegenwärtige Nahrungsmittelsystem unsicher, ungerecht und nicht nachhaltig ist, weil es massive Störungen des Ökosystems mit sich bringt, die Pandemien und neue Krankheitserreger verursachen. Die weiteren Umweltschäden, welche die massive Rodung von Waldflächen für Monokulturen nach sich zieht, nämlich viele nicht nachhaltige Praktiken wie die Erschöpfung der Bodennährstoffe oder der übermäßige Einsatz von Chemikalien und Pestiziden, überwiegen bei weitem gegenüber den «Vorteilen» für die Agrarindustrie, ganz zu schweigen von den Nachteilen für (Klein-)Bauern und Landarbeiter*innen.

Wissenschaftler*innen warnen zudem seit langem davor, dass der Klimawandel nicht nur unsere Umwelt, sondern auch unsere Gesundheit durch steigende Raten von Infektionskrankheiten beeinträchtigen wird. Achtundzwanzig bisher unentdeckte Virusgruppen wurden kürzlich in einem schmelzenden Gletscher identifiziert. In den letzten Jahren haben Forscher*innen dem tauenden Permafrost Proben von Pocken, Spanischer Grippe, Beulenpest und sogar Milzbrand entnommen. Diese schädlichen Krankheitserreger könnten beim Abschmelzen der Eiskappen in Bäche, Flüsse und Wasserläufe gelangen und unser Immunsystem, das keine natürliche Resistenz gegen diese uralten Krankheiten besitzt, verwüsten.

Der Ausbruch von COVID-19 ist ein Hinweis darauf, dass diese Zukunft schon heute unsere Realität sein könnte – was vielleicht der zwingendste Grund ist, warum die Welt die Kurve kriegen und mit viel mehr Entschlossenheit gegen den vom Menschen verursachten Klimawandel vorgehen muss. Schon jetzt verursachen Verluste und Schäden durch extreme Wetterbedingungen unermessliches Leid, insbesondere für die Armen, deren Leben, Lebensgrundlagen und kulturelle Praktiken betroffen sind. Laut einem Bericht von Germanwatch starben zwischen 1998 und 2017 mehr als 500.000 Menschen in direkter Folge von mehr als 11.500 extremen Wetterereignissen. Finanziell beliefen sich die Verluste auf rund 3,47 Billionen US-Dollar. Der Globale Bericht über Binnenvertreibung registriert allein für das Jahr 2018 17,2 Millionen neue Vertreibungen aufgrund wetterbedingter Katastrophen. Angesichts der Pandemie ist dies eine potenziell explosive Situation in Bezug auf die Gesundheitsversorgung von Klimamigrant*innen, die in der Regel in Evakuierungszentren oder anderen Sammelunterkünften Zuflucht nehmen.

Faule Folgerungen – Positive Auswirkungen für die Umwelt?

Die Reaktion auf das Virus hat weltweit zwar zu einer beträchtlichen Verringerung der Kohlenstoffemissionen und Luftverschmutzung geführt, doch es wäre eine verzerrte Wahrnehmung, diese Effekte als „Kollateralnutzen“ bezüglich Umwelt und Klimawandel zu sehen. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Artikels sind mehr als eine Million Menschen infiziert und mehr als 100.000 Menschen infolge des Virus gestorben. Es droht eine unvermeidbare schwere globale Rezession, in der die Aktivitäten einer stark globalisierten Wirtschaft abrupt aussetzen und die Finanzmärkte zusammenbrechen. Die Existenzen von Menschen stehen auf dem Spiel und Bürger*innen- und Grundrechte sind durch die polizeilich und militärisch umgesetzten Maßnahmen des Lockdowns überall stark bedroht.

Untergangszenarien sind ein fruchtbarer Boden für die Verbreitung von Fehlinformationen, die teils gut, teils weniger gut gemeint sind. Dazu gehören Berichte und deren Weiterverbreitung über Social Media, dass Delfine und Schwäne in die Kanäle Venedigs zurückgekehrt seien, oder dass ein Orang-Utan wegen des Virus gelernt habe, sich die Hände zu waschen (beide Meldungen erwiesen sich als falsch). Andere sind so weit gegangen, zu behaupten, COVID-19 sei die Rache von Mutter Natur, die in Form einer «Entgiftung» das menschliche Verhalten in bemerkenswert kurzer Zeit verändert habe.

Hinter diesen scheinbar «harmlosen» Versuchen, der aktuellen Entwicklung Gutes abzuringen, verbirgt sich die Gefahr eines wachsenden «Ökofaschismus», der glaubt, dass die einzige Möglichkeit, das Leben auf der Erde zu erhalten, darin besteht, die menschliche Bevölkerung – wenn nötig mit Gewalt – dramatisch zu reduzieren. Die Schlussfolgerung, dass die Pandemie der Impfstoff der Erde gegen die Zerstörung sei, die der Mensch auf dem Planeten angerichtet hat, ist in vielerlei Hinsicht, gelinde gesagt, beunruhigend.

COVID-19 vergrößert die Ungleichheiten, die die Geschichte des Kolonialismus und das anhaltende Erbe der neoliberalen Ausbeutung tief in den Gesellschaften verankert haben. Aus diesem Grund ist die Pandemie für die Armen und Ausgegrenzten, die bereits an vorderster Front der Klimakrise ausgesetzt sind, die «vollendete Verkettung unglücklicher Faktoren». Sie sind es, die durch Überschwemmungen, Dürren und Taifune gefährdet sind, und sie sind es, die in diesen Zeiten der «sozialen Distanzierung» und gesellschaftlichen Lockdowns nicht viel zum Leben haben, während Mägen zu füllen und Rechnungen zu bezahlen sind – oder, wie bei Klimamigrant*innen und Geflüchteten, praktisch keine Rechte oder weitere Zufluchtsmöglichkeiten bestehen. Die mehrfache Verwundbarkeit durch Armut, Obdachlosigkeit, mangelnden sozialen Schutz, Ausgrenzung und andere Erscheinungsformen der Ungleichheit ergeben zusammen mit der Gefährdung durch das Virus eine fatale Kombination.

Klimagerechtigkeit als Schlüssel zu einer «besseren Genesung»

Die Coronavirus-Pandemie hat die Klimakrise in den Brennpunkt gerückt. In vielerlei Hinsicht ist diese Krise der öffentlichen Gesundheit eine Vorschau auf die Zukunft, falls die Welt weiterhin die Dringlichkeit ignoriert, mit der dem drohenden Zusammenbruch der Ökosysteme zu begegnen ist. Das «Abflachen der Kurve», also die Verlangsamung der Ausbreitung der Krankheit, lässt sich mit den gegenwärtigen Klimaschutzbemühungen und Anpassungsstrategien vergleichen, bei denen es sich um vorübergehende Überbrückungsmaßnahmen handelt, die nicht ausreichen, Ursachen der Anfälligkeit und der mangelnden Vorsorge wirksam anzugehen.

Es herrscht vorsichtiger Optimismus, dass die Pandemie das Beste in allen, insbesondere in den führenden Politiker*innen der Welt, zum Vorschein bringen wird und dass Regierungsmaßnahmen und eine wiederbelebte internationale Zusammenarbeit einen Ausweg bieten werden, um den Klimawandel aufzuhalten. Aber es gibt auch gut begründete Befürchtungen, dass verzweifelte Versuche, einer angeschlagenen Weltwirtschaft neues Leben einzuhauchen, die Klimaagenda weiter unter den Teppich kehren werden.

Laut der renommierten Autorin und Umweltaktivistin Naomi Klein besteht Geschichte aus einer Abfolge von «Schocks» – Erschütterungen durch Kriege, Naturkatastrophen und Wirtschaftskrisen – und deren Nachwirkungen, nämlich kalkulierten marktwirtschaftlichen «Krisenlösungen», die der «Katastrophen-Kapitalismus» nutze, um bestehende Ungleichheiten auszunutzen und zu verschärfen. Dass sich derzeit alle auf die Pandemie konzentrieren, könnte nun einen günstigen Moment für die Umsetzung der rückschrittlichsten Politiken, Programme und Bedingungen unter dem Deckmantel von Konjunkturpaketen erzeugen. Die Praxis der Notstandserklärungen, die zur Beschränkung von Menschenrechten führt und auf kritische Stimmen abzielt, könnte unter dem Vorwand des öffentlichen Gesundheitsschutzes weiter ausgebaut werden.

Damit sich die Welt «besser erholen» kann, müssen die doppelten Katastrophen COVID-19 und rasender Klimawandel mithilfe weitreichender Transformationen entschlossen in Angriff genommen werden. Es wird nicht funktionieren, mit einem «weiter so» in einen unveränderten wirtschaftlichen Alltag zurückzukehren. Das System hat nie funktioniert und wird nie funktionieren.

Die verdrehte Logik des Kapitalismus bewirkt eine Vielzahl von Widersprüchen, die sowohl durch die Pandemie als auch durch die Klimakrise aufgedeckt werden: gesellschaftliche Produktion bei privatisierten Gewinnen; der Vorrang wachstumsfixierter Abbau-, Produktions-, Verteilungs- und Konsumsysteme, die die Bedürfnisse der Vielen sowie das Wohlergehen des Planeten den Interessen von Wenigen opfern; ganz zu schweigen von den ungerechten und ausbeuterischen wirtschaftlichen und sozialen Strukturen, die Natur zur Ware machen und die Ungleichheiten innerhalb von und zwischen Ländern, Klassen, ethnischen Gruppen„Rassen“, Kasten und zwischen verschiedenen Geschlechtern tief verankern. Die Herausforderung besteht nun darin, den Schock der Pandemie in den Wendepunkt zu verwandeln, der den Kapitalismus im Mülleimer der Geschichte landen lässt.

Die von der Zivilgesellschaft entworfenen Grundsätze für eine gerechte Genesung , #JustRecovery, bieten einen nützliche Orientierung für Regierungen und andere in der Entwicklung tätigen Akteure. Die Grundsätze stellen (a) die Gesundheit der Menschen (ausnahmslos) an die erste Stelle; und umfassen (b) direkte wirtschaftliche Hilfe für die Bevölkerung; (c) Hilfe für Arbeiter*innen und Gemeinden, nicht für Unternehmensführungen; (d) den Ausbau von Widerstandsfähigkeit für künftige Krisen; und zuletzt (e) grenzenlose Solidarität und gemeinschaftliches Handeln – gegen die Stärkung autoritärer Kräfte.

Zur Bewältigung der Klimakrise mobilisieren soziale Bewegungen und die Zivilgesellschaft seit langem für einen Systemwandel und die Notwendigkeit, Produktions- und Konsummuster den Grenzen des Planeten anzupassen und nicht weiter am unerbittlichen Streben nach Profit, sondern an den Bedürfnissen der Menschen zu orientieren. Eine derart progressive Veränderung der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Architektur der Welt würde eine Abkehr von fossilen Brennstoffen und anderen schädlichen und extraktiven Industrien erfordern und deren Neuausrichtung auf solidarische, regenerative und gerechte Systeme bedeuten.

Eine ganze Reihe von Initiativen und Vorschlägen legt dar, wie sich der Übergang zur Klimagerechtigkeit konkret gestalten lässt, dazu gehören neben vielen anderen Just Transitions, Feminist Green New Deal und Buen Vivir (das Gute Leben). Sie bieten mehr als nur eine von Ideen der Ganzheitlichkeit motivierte Kritik daran, warum das gegenwärtig dominierende Wirtschaftssystem für die Menschen und den Planeten nicht funktioniert. Sie erläutern auch Gründe und Prozesse für die Generalüberholung eines ungerechten und kaputten Systems und die Errichtung einer neuen Ordnung.

Die Pandemie soll das Ende des «Normalen» eingeläutet haben, aber was ist normal an einer Welt, die von einer Krise nach der anderen heimgesucht wird? Das Ende des «Normalen» ist die Chance und die Einladung, eine andere Welt zu ermöglichen.
 

[Übersetzung von Camilla Elle und Lisa Jeschke für Gegensatz Translation Collective.]