Die getriebene und sichtlich überforderte Bundesregierung hat vor den Bundestagswahlen kaum Schritte unternommen, um die neue Klimaziele in konkrete Umsetzungskonzepte zu gießen. Wie es weitergeht, wird sich ab Herbst zeigen. Hinweise, wo die Reise hingehen wird, können bereits jetzt die Wahlprogramme der Parteien liefern.
49,6 Grad Celsius Grad im kanadischen Lytton – Hitzerekord nordöstlich von Vancouver. Den glühenden Ort im Norden, über den Medien am 29. Juni berichteten, gab es schon einen Tag später nicht mehr. Er verbrannte wie Zunder, ein durch Trockenheit genährter Waldbrand griff über.
Fast 31 Millionen Menschen wurden im letzten Jahr von Naturkatastrophen vertrieben, meist im eigenen Land. Sie flohen vor dem Zyklon Amphan in Asien oder wurden in Zentralamerika und der Karibik Opfer von Wirbelstürmen. Wegen Überschwemmungen mussten in Afrika und dem Mittleren Osten Millionen ihre Häuser verlassen. Die Toten im Zusammenhang mit den Katastrophen im Globalen Süden sind vielfach ungezählt. Dass auch in der Bundesrepublik der Klimawandel längst angekommen ist, zeigen einmal mehr die Fluten von Mitte Juli in Westdeutschland. Trockneten die letzten drei Dürresommer den Boden bis in tiefe Bodenschichten aus, kam nun das Wasser. Die enormen Regenmassen kosteten über 150 Menschen das Leben.
Uwe Witt ist Referent für Klimaschutz und Strukturwandel bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Keine Frage, der Klimawandel wird das zentrale Thema dieses Bundestagswahlkampfes. Nicht nur weil er sicht- und fühlbarer wird. Auch die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens drückt sich in diesen Monaten, wenn auch zäh, durch die Politik in Brüssel und Berlin durch. Vor Kurzem wurden die Vorschläge für 17 EU-Verordnungen und Richtlinien im Rahmen des «Fit-for-55-Pakets» der EU-Kommission veröffentlicht. Allein das schon seit Monaten politisch beschlossene neue EU-Klimaziel für 2030 von minus 55 Prozent Treibhausgasminderung gegenüber 1990 zwingt die Mitgliedstaaten dazu, ihre nationalen Ziele deutlich anzuschärfen.
Die deutschen Ziele sind noch entfernt von einem klimagerechten Beitrag dazu, die Erderwärmung in einem halbwegs erträglichen Rahmen zu halten.
Die Bundesregierung hat damit so lange gezögert, wie es nur ging. Erst die erfolgreiche Klage von Klimaaktivist*innen vor dem Bundesverfassungsgericht zwang Union und SPD, das Klimaschutzgesetz (KSG) doch noch vor der parlamentarischen Sommerpause zu ändern. Nunmehr 65 Prozent Treibhausgas-Minderung bis 2030 gegenüber 1990 statt 55 Prozent, Klimaneutralität bis 2045 und ein Minderungspfad in Jahresscheiben auch für die Zeit nach 2030 sind die wichtigsten Änderungen.
Auch diese Ziele sind noch entfernt von einem klimagerechten Beitrag dazu, die Erderwärmung in einem halbwegs erträglichen Rahmen zu halten. Doch sollen selbst nur diese noch unzulänglichen Marken erreicht werden, werden die Herausforderungen für die nächste Bundesregierung enorm. So müsste eine wirklich klimagerechte Politik den fraglos notwendigen Strukturwandel in Energieversorgung und Industrie, bei Gebäuden, Mobilität und landwirtschaftlicher Produktion so ausgestalten, dass er sich zugleich ökologisch und sozial vollzieht. Dass er also zu einem Gewinn wird an Lebensqualität für alle, hierzulande genauso wie in Ländern, die nach Deutschland exportieren.
Das Ausmaß an erforderlichem Strukturwandel ist gigantisch.
Das Ausmaß an erforderlichem Strukturwandel ist jedoch ebenso gigantisch wie die Gefahr, dass Beschäftigte, Mieterinnen und Mieter oder ganze Regionen dabei unter die Räder kommen. Jedenfalls dann, wenn nicht energisch gegen solcherart Verwerfungen angegangen wird. Vor dem Hintergrund einer schon jetzt tief gespaltenen Gesellschaft und einer genuin profitorientierten Wirtschaft wird das schwierig – vorsichtig ausgedrückt.
Überdies sind die vorgegebenen Einsparmengen an Treibhausgasen in allen Sektoren derart hoch, dass das kapitalistische Wachstumsmodell als Ganzes an Grenzen stoßen dürfte. Diese Minderungen, also reziprok die für Deutschland jedes Jahr geringer werdenden Treibhausgasbudgets, sind nunmehr mit den KSG-Jahreszielen bis 2040 erstmals gesetzlich festgezurrt. Und zwar für jeden Sektor, außer dem Energiesektor, der aber wiederum dem Budget des EU-Emissionshandels unterliegt. Sollte dieser zwingende Minderungspfad tatsächlich so beschritten werden, werden brisante neue Konflikte über verbleibende Ressourcen und Flächen zu erwarten sein – und natürlich über Verteilungsgerechtigkeit.
Diejenigen, die jahrelang gebremst haben, wollen sich vor dem 26. September schlicht nicht die Finger verbrennen.
Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass die getriebene und sichtlich überforderte Bundesregierung vor den Bundestagswahlen kaum Schritte unternommen hat, um die neue Klimaziele in konkrete Umsetzungskonzepte zu gießen. Diejenigen, die jahrelang gebremst haben, wollen sich vor dem 26. September schlicht nicht die Finger verbrennen. Diese Stillhalte- und Ausweichstrategie ist zwar in weiten Teilen schon jetzt gescheitert, wie etwa an der öffentlichen Empörung auf die hilflosen bis dreisten Ausflüchte von Laschet und Co auf Interviews zu den Juli-Fluten abzulesen ist. Doch wirkliche Klarheit wird erst ab Herbst einziehen. Hinweise, wo die Reise hingehen wird, können bereits jetzt die Wahlprogramme der Parteien liefern.
Nachfolgend einige Schlaglichter ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Klimaneutralität
Vollständig klimaneutral wirtschaften und leben soll Deutschland nach den Wahlprogrammen von Union und SPD im Jahr 2045 - wie es das KSG jetzt vorgibt. Die FDP setzt auf 2050, wenn's gut läuft auch früher. Die AfD, die im Weiteren nicht weiter behandelt wird, agiert weiter als reaktionäre Klimawandelleugner-Partei. Während sich die Grünen mit der Formulierung «Klimaneutralität in weniger als 30 Jahren» nicht konkret festlegt, trägt die LINKE mit der Jahreszahl 2035 die Forderung von Fridays for Future in den Bundeswahlkampf.
Kohleausstieg
Bereits aus den offiziellen Folgeabschätzungen zum neuen EU-Klimaziel ergibt sich implizit: Die Kohleverstromung wird EU-weit bereits gegen 2030 ihr Ende finden, allein weil die Betreiber infolge des mittlerweile funktionierenden EU-Emissionshandels damit zunehmend Geld verbrennen. Nach dem geltenden Kohleausstiegsgesetz soll der letzte Meiler hierzulande aber erst im Jahr 2038, gegebenenfalls 2035 vom Netz.
Das ansonsten sehr unkonkrete Wahlprogramm der Union krallt sich ans Gestern: «Wir stehen zum vereinbarten Kohle-Kompromiss». Die SPD will einen Kohleausstieg vor 2038 nicht in Angriff nehmen, sondern lediglich nicht mehr ausschließen. Ihre Fossilisten-Fraktion, regelmäßig nah an einschlägigen Konzernen und Branchengewerkschaften, ist offensichtlich immer noch einflussreich. Die FDP setzt allein auf Markt statt auf politische Gestaltung, also auf CO2-Preise als Hauptinstrument und auf die Schimäre «Technologieoffenheit». Sie will dafür aber Geo-Engineering und die Verklappung von CO2 in den Untergrund ermöglichen. Einzig LINKE und Grüne messen sich an den Realitäten und fordern, die Kohleverstromung bis 2030 zu beenden.
Erneuerbare
Zu den Erneuerbaren finden sich bei der Union keine Ausbauziele, nur Unverbindliches. Die SPD liegt mit 100 Prozent Ökostrom bis 2040 im Rahmen ihres zu schwachen Klimaneutralitäts-Ziels 2045, nähere Details auch hier Fehlanzeige. Die Sozialdemokrat*innen wollen Mieterstrom und gemeinschaftliche Eigenversorgung stärken, kommunale Beteiligungsmodelle ausweiten und nachhaltige Stromanleihen auflegen. Die Ökostrom-Umlage (EEG-Umlage) soll abgeschafft und aus dem Bundeshaushalt finanziert werden, hier treffen sie sich mit den LINKEN. Die Grünen wollen die Umlage absenken. Für die FDP ist das ganze EEG überflüssig, auch hier soll es der Markt richten.
Bei den Ausbauzielen für Wind und Sonne werden nur LINKE und Grüne konkret. Die LINKEN möchten in den Jahren bis 2025 pro Jahr 7 Gigawatt (GW) Windenergie an Land und 2 GW auf See sowie mindestens 10 GW Photovoltaik installieren. Kommunen sollen endlich an den Erträgen der Betreiber unmittelbar beteiligt, Bürgerenergien, wie Energiegenossenschaften und Bioenergiedörfer, gestärkt und Energiekonzerne entmachtet werden - wenn‘s sein muss mit Enteignung. Hinzu kommt die Unterstützung von Mieterstromkonzepten und eine Solarpflicht für Neubauten. Zudem wollen sie ein bundeseinheitliches Netzentgelt über alle Spannungsebenen einführen, damit die Netzentgelte in Regionen mit vielen Ökostromanlagen nicht höher sind als in Regionen mit wenigen. Ähnlich die Grünen, die sich das Ziel stellen eines jährlichen Zubaus von mindestens 5 bis 6 GW Wind an Land, ab Mitte der 20er Jahre von 7 bis 8 GW; bei Wind auf See 35 GW bis 2035, also im Schnitt knapp 2 GW pro Jahr. Im Bereich Solarenergie wollen sie den Ausbau von beginnend 10 bis 12 GW auf 18 bis 20 GW pro Jahr steigern ab Mitte der 20er Jahre. Mieterstrom soll vereinfacht werden, vor einer Solarpflicht scheuen sie jedoch genau so zurück wie die Sozialdemokraten.
Gebäude
Beim sensiblem Thema der teuren energetischen Gebäudesanierung (Verdrängungsgefahr für Mieter*innen durch Kostenumlage), verspricht die Union mehr Fördermittel, bleibt aber stumm, was den Schutz der Bewohner*innen angeht. Die SPD strebt das Ziel einer Warmmietenneutralität an und will dafür Mittel aus der CO2-Bepreisung einsetzen. Als Partei der Hausbesitzer*innen schweigt die FDP zum Thema. Die LINKEN fordern, die Sanierungsquote mindestens zu verdreifachen, und zwar sozialverträglich, also mittels Förderprogrammen nahezu warmmietenneutral und mietrechtlich abgesichert. Den Grünen ist mehr Tempo bei der Gebäudesanierung ähnlich wichtig, beim Mieter*innenschutz bleiben sie aber unbestimmt: «Förderprogramme (könnten) unterstützend wirken».
CO2-Bepreisung
Den seit 2005 bestehenden EU-Emissionshandel sehen die jetzigen Regierungsparteien und die Liberalen als Hauptinstrument für den Bereich Energieversorgung und Industrie. Die LINKE lehnt ihn – da er reformiert wurde und weiter reformiert wird – nicht mehr komplett ab, sieht ihn jedoch nur als Ergänzung zu Ordnungsrecht, Förderpolitik und staatlichen Infrastrukturinvestitionen. Anders bei der in diesem Jahr neu eingeführten nationalen CO2-Bepreisung für die Sektoren Wärme und Mobilität. Diese hält die LINKE als einzige Partei grundsätzlich für falsch, weil der Aufschlag auf die Brennstoffe wegen der hohen CO2-Vermeidungskosten in diesen Sektoren – im Gegensatz zum Strombereich – kaum eine Klimaschutzwirkung entfaltet und zudem nur ein Bruchteil der Einnahmen zurück an die Bürgerinnen und Bürger fließt. Gerade Menschen im ländlichen Raum, wo es kaum einen öffentlichen Verkehr gibt, wird so das Geld aus der Tasche gezogen. Sie können auch künftig misstrauisch bleiben: Einen Pro-Kopf-Bonus als Rückzahlung an die Bürger*innen will die SPD lediglich «prüfen», die Grünen, die den geplanten Preisanstieg noch beschleunigen möchten, wollen für Rückzahlungen nur einen Teil der Einnahmen verwenden. Härtefälle sind so gerade bei hohen CO2-Preisen vorprogrammiert. Immerhin will die SPD dafür sorgen, dass der CO2-Wärmepreis in Zukunft von den Vermieter*innen getragen wird, momentan zahlen ihn auf Betreiben der Union die Mieter*innen, welche aber auf den energetischen Zustand des Hauses gar keinen Einfluss haben. Dafür garantiert sie den Unternehmen, ebenso wie die FDP, eine Ausweitung der schon jetzt üppigen Ermäßigungen bei umweltrelevanten Umlagen und Abgaben auf die neue CO2-Bepreisung.
Wasserstoff
Wasserstoff kann nicht das neue Erdöl werden, weil er klimaneutral nur mit Hilfe von Ökostrom unter immensen Energieverlusten hergestellt werden kann. Darum darf er als «Champagner der Energiewende» nur dort eingesetzt werden, wo nicht deutlich billiger und effizienter direkt Netzstrom oder und Batterien zum Einsatz kommen können. So etwa zur Dekarbonisierung der Stahlindustrie, als stoffliche Grundlage und Hochtemperatur-Brennstoff in der Chemischen Industrie sowie im Flug- und Seeverkehr. In Automobilen (von denen es künftig vor allem weniger geben muss zu Gunsten von Bahn und Bus) und im Wärmebereich hat er dagegen nichts verloren. Diese Position teilen LINKE und Grüne, zum Teil auch die SPD, nicht aber Union und FDP. Letztere können jedoch nicht ansatzweise erklären, wo der – im Übrigen sehr teure - zusätzliche Wasserstoff eigentlich herkommen soll, um ihn in alle Bereiche zu schicken. Die Importe, von denen sie reden, können es kaum sein, schließlich brauchen andere Länder in sonnenreichen Regionen ihren Ökostrom zunächst dafür, ihre eigenen Volkswirtschaften von Treibhausgasemissionen zu befreien.
Klimagerechtigkeit
Die klimapolitischen Konzepte von Union und FDP auf der einen Seite sowie LINKEN und Grünen auf der anderen Seite stehen sich in fast jeder Hinsicht entgegen. Die SPD laviert dazwischen. Legt man den Maßstab der Klimagerechtigkeit an, so müssten die Vergleiche jedoch auf deutlich mehr Aspekte ausgedehnt werden. So etwa auf die Steuer- und Vermögensgerechtigkeit oder auf die Wohnungspolitik. Denn umso ungerechter eine Gesellschaft ist, umso härter wird der zwingend notwendige ökologische Umbau die Ärmsten treffen, und umgekehrt. Auch die Friedens- und Handelspolitik sowie der Umfang (bzw. das Ausbleiben) von echten Transferleistungen in den Globalen Süden sind von hoher Relevanz. Schließlich bedarf der Umbau eines Industriestaates zu einer kohlenstofffreien Wirtschaftsweise jeder Menge internationaler Verflechtungen. Auf keinen Fall darf er auf Kosten anderer Völker stattfinden – von der Begleichung historischer Schulden der Industriestaaten für den Jahrhunderte lang ausgebeuteten Rest der Welt ganz abgesehen. Aus dieser Klimagerechtigkeitsperspektive dürfte das Pendel noch einmal zu Gunsten des LINKEN Wahlprogramms ausschlagen, hier ist die Partei zweifellos glaubhaft. Die LINKE muss auf der anderen Seite aber auch erst noch nachweisen, dass sie es mit dem ökologischen Umbau (im engeren Sinne) bei der realen Umsetzung tatsächlich so ernst meint, wie sie es in ihrem ambitionierten Bundestagswahlprogramm verspricht.
Zum ersten Mal geht es endlich bei einer Bundestagswahl in Deutschland auch ganz zentral ums Klima. Wie wird die Klimakrise aktuell in Deutschland diskutiert und wie spiegelt sich das in den Wahlprogrammen der Parteien wider? Hier einige Statements von Menschen, die in den Regionalbüros der Rosa-Luxemburg-Stiftung weltweit arbeiten und von außen auf die deutsche Bundestagswahl blicken. Welche Klimapolitik erwarten sie von einem Industrieland aus dem Globalen Norden in Zeiten der sich verschärfenden Klimakrise?
Die besondere Verantwortung Deutschlands liegt darin, dass die deutsche Automobilindustrie ihre Produkte in vielen Ländern rund um den Erdball herstellt. Gleichzeitig fallen die Entscheidungen darüber, was letztlich dort produziert wird, in den deutschen Konzernzentralen. Im Hinblick auf den Klimaschutz wäre schon viel erreicht, wenn sich ein Teil der deutschen Fahrzeugproduktion auf den öffentlichen Verkehr konzentrieren würde – also auf Züge, Straßenbahnen, sonstige Schienenfahrzeuge und Busse. Dies würde Arbeitsplätze erhalten, Luftverschmutzung und Staus in den Städten entgegenwirken und die Emissionen des Verkehrssektors senken. Dafür benötigen wir eindeutige politische Anreize und Vorschriften vonseiten der deutschen Regierung und der Europäischen Union.
Manuela Kropp, RLS Büro Brüssel
Eine der Prioritäten in der Zusammenarbeit zwischen Vietnam und Deutschland ist der Bereich Energie. Das übergeordnete Ziel besteht darin, Emissionen zu verringern und erneuerbare Energien voranzubringen. Obwohl die Jahresenergieproduktion von Vietnam stark gestiegen ist (von 8,6 Terawattstunden im Jahr 1990 auf 240 Terawattstunden im Jahr 2019), bleibt sie immer noch hinter der zunehmenden Nachfrage zurück. Zwar findet ein Übergang von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien statt, doch der Strom wird weiterhin zu 41,6 Prozent aus Kohle gewonnen. Vietnam arbeitet mit großem Ehrgeiz und Engagement daran, die Emissionen zu verringern und zu erneuerbaren Energien überzugehen. Allerdings ist dieser Prozess noch lange nicht abgeschlossen. Da Deutschland im vietnamesischen Energiesektor eine wichtige Rolle spielt, sollte es den Übergang zu erneuerbaren Energien weiter fördern. Gleichzeitig sollte Deutschland gemeinsam mit Vietnam sozial und ökologisch nachhaltige Alternativen entwickeln.
Nguyen Van Huan, RLS Büro Hanoi
Die jüngsten deutschen Interventionen in Afrika waren eher Reaktionen auf kollabierende Staatlichkeit als proaktive Maßnahmen zum Aufbau von Resilienz. Einer der wichtigsten Faktoren für das Zusammenbrechen von Staaten und die Migrationskrise im Mittelmeerraum ist der Klimawandel. Jahr für Jahr nehmen immer mehr junge Menschen aus Afrika jedes Risiko auf sich, um das Mittelmeer Richtung Europa zu überqueren. Getrieben sind sie von Hunger, Dürren und der allgemeinen Perspektivlosigkeit. Leider gibt es noch keine ehrgeizigen Partnerschaften, die den afrikanischen Staaten angesichts steigender Temperaturen, Dürren, Küstenerosion und Entwaldung helfen würden. Was Afrika jetzt – insbesondere von wichtigen Ländern wie Deutschland – benötigt, sind starke Partnerschaften mit dem Schwerpunkt Klima. Afrika braucht viel Unterstützung, um finanzielle und technische Kapazitäten aufzubauen sowie Anpassungs- und Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen.
Roland Ngam, RLS Büro Johannesburg
Meiner Ansicht nach muss Deutschland mehr Ehrgeiz entwickeln und stärker für eine gute Zukunft eintreten. Gleiches gilt für alle anderen einflussreichen Länder: Sie sollten gegenüber den USA Druck aufbauen und Forderungen stellen, damit die G7 über ihr «Build Back Better for the World»-Narrativ hinaus eine echte internationalistische Perspektive für die Klimapolitik schaffen.
Aaron Eisenberg, RLS Büro New York
Deutschland gehört zu den weltweit führenden Ländern und präsentiert sich selbst als Vorreiter beim Klimaschutz. Jetzt muss es seinen Worten Taten folgen lassen. Mit seiner Macht, seinem Einfluss und seinen Ressourcen muss es den Menschen und unserem Planeten helfen, nicht nur zu überleben, sondern sich bestmöglich zu entfalten. Die Gelder, mit denen Deutschland Gemeinschaften unterstützt, die bereits den schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels ausgeliefert sind, sind keine Almosen. Diese Mittel beruhen auf realen Verpflichtungen gegenüber der internationalen Gemeinschaft – und sie reichen noch nicht aus! Deutschland kann und muss zurückzahlen, was es den Menschen in den Entwicklungsländern für die katastrophalen Folgen von Kolonialisierung, Krieg, unfairem Handel und ungerechten Investitionen schuldet.
Tetet Lauron, Beraterin der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Philippinen