Als mich die Nachricht vom Tod Prof. Reinhard Moceks erreichte, trat unmittelbar sein Gesicht vor meine Augen – ein Gesicht großer Klugheit, Neugierde, Aufrichtigkeit und Empathie. Reinhard Mocek war ein Intellektueller und er war ein Sozialist im besten und wahrsten Sinne des Wortes. Bei ihm bildete dies eine Einheit, die völlig selbstverständlich war.
Reinhard Mocek hat Philosophie und Wissenschaftsgeschichte vorangetrieben – in der DDR und im vereint-unvereinten Deutschland. Er konnte dies bruchlos trotz des Epochenbruchs, weil er sich selbst vorher wie nachher treu war. Seine Bücher zur bürgerlichen Philosophie, zur Wissenschaftsgeschichte im 18., 19. und 20. Jahrhundert werden bleiben. Bleibend ist auch sein Engagement in der Enquetekommission «Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozess der deutschen Einheit». Er trat für ein kritisches Urteil und gegen selbstgerechtes Verurteilen ein. Die Abwicklung der Geistes- und Sozialwissenschaften hat auch ihn getroffen. Selbst eine «Arbeitsbeschaffungsmaßnahme» blieb ihm nicht erspart, bevor verdiente Gastprofessuren und die Anstellung am Institut für Wissenschaftsgeschichte der Max-Planck-Gesellschaft ihn daraus befreiten. 2011 gab sich die Academia Europaea die Ehre, ihn zum ordentlichen Mitglied zu wählen.
Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat einen besonderen Grund, Reinhard Mocek nicht zu vergessen. Nicht nur war er ein herausragender Vertreter jener Generation von DDR-Intellektuellen, die den demokratischen Sozialismus nach 1989 am Leben hielten und zugleich neu begründeten. Er hat zugleich in den sehr schwierigen Jahren von 2004 bis 2006 den Vorsitz des Vorstandes der Rosa-Luxemburg-Stiftung übernommen. Es war eine Zeit, da die Existenz der Stiftung bedroht war, und zugleich mit dem Beginn der Zusammenarbeit von PDS und WASG eine neue politische Linke in Deutschland im Entstehen war. Er war es, der die Rosa-Luxemburg-Stiftung auf dem Weg führte, der sie zur Stiftung der Partei DIE LINKE werden ließ.
Michael Brie, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Rosa-Luxemburg-Stiftung