Publikation Sozialökologischer Umbau Klimapolitischer Rahmen für den Industrieumbau

Die wichtigsten klimapolitischen Rahmenbedingungen für die Industrie, rund um das «Fit for 55»-Paket

Information

Reihe

Studien

Autor

Uwe Witt,

Erschienen

Mai 2022

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Als neues EU-Klimaschutzziel wurde 2021 eine Minderung der Treibhausgase bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 beschlossen. Diese Verschärfung um 15 Prozentpunkte ist eine Reaktion auf das Pariser Klimaschutzabkommen. Sie erfordert von allen EU-Mitgliedstaaten, ihre nationalen Ziele deutlich höher zu stecken; Deutschland hat sein Klimaschutzgesetz bereits angepasst. Obgleich sowohl die EU als Ganzes als auch die Bundesrepublik Deutschland ihre Ambitionen nun spürbar erhöhen, sind ihre Beiträge noch deutlich davon entfernt, die Erderwärmung in einem erträglichen Rahmen zu halten. Das gilt insbesondere auch für die bislang bekannten Umsetzungspläne. Doch selbst um diese Ziele zu erreichen, bedarf es enormer Anstrengungen. Sollten die Minderungspfade tatsächlich wie geplant beschritten werden, so sind neue und komplexe Konflikte um materielle Ressourcen und Flächen zu erwarten – und natürlich um Verteilungsgerechtigkeit.

Die Untersuchung ist Teil des von der Rosa-Luxemburg-Stiftung geförderten und von dem gemeinnützigen Verein «Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik» unterstützten Projekts «Sozial-ökologische Transformation der deutschen Industrie», in dessen Rahmen sieben weitere Studien entstanden sind.

Für die Industrie bedeuten die gesetzten Ziele, zum Teil auch die Pläne der EU-Kommission zu ihrer Umsetzung im «Fit for 55»-Paket, dass eine Zeitenwende anbricht, wie sie im Bereich der Energiewirtschaft bereits im Gange ist. Der Wechsel nicht nur der Brennstoffe, sondern auch der Roh- und Hilfsstoffe hin zu erneuerbaren Energien (vor allem in der Chemie- und der Stahlindustrie) erfordert vielfach völlig neue Produktionsmethoden und teilweise auch neue Geschäftsmodelle. Dabei spielt der Staat als Regulator und Mitfinanzier dieses Wandels eine immer größere Rolle. Das im Zuge des russischen Überfalls auf die Ukraine angekündigte höhere Tempo der Dekarbonisierung, um sich mittelfristig vor allem von fossilen Gaslieferungen unabhängiger zu machen, kann den Gesamtprozess beschleunigen. Solch ein Klimaschutz- Booster wäre auch notwendig, um die Minderungspfade in Übereinstimmung mit den Klimaschutzzielen von Paris zu bringen. Ob sich diese Ziele mit dem herrschenden Wachstumsmodell erreichen lassen, ist allerdings fraglich.

Die Rahmensetzung des Staates und seine Unterstützungsleistungen für Unternehmen, wie sie von diesen machtvoll eingefordert werden, werden seit Monaten in der Bundesregierung und auf diversen nachgelagerten Stakeholder-Plattformen diskutiert. Dagegen bleiben längerfristig wirkende Konzepte der sozialen Absicherung des Wandels noch vielfach im Nebel. Das muss sich ändern, soll ambitionierte Klimaschutzpolitik nicht scheitern.

Diese Übersichtsarbeit stellt die wichtigsten derzeitigen und künftigen klimapolitischen Rahmenbedingungen für die Industrie auf Ebene der Europäischen Union und Deutschlands vor. Im Zentrum stehen dabei das «Fit for 55»-Paket der EU-Kommission, hier vor allem die Vorschläge zur Reform der CO2-Bepreisung (einschließlich ihres historischen Missbrauchs) sowie die EU-Pläne zur Verhinderung von tatsächlichem oder vermeintlichem «Carbon Leakage» zum Schutz der heimischen Wirtschaft. Mit Blick auf die Bundesrepublik werden das deutsche Klimaschutzgesetz und die Pläne der Ampelregierung zu den für die deutsche Industrie besonders relevanten Bereichen der Energiewirtschaft und des Verkehrs untersucht. Dabei werden Verteilungs- und Gerechtigkeitsaspekte betrachtet.

Inhalt

  • Zusammenfassung
  • Einführung
  • Das «Fit for 55»-Paket im industriepolitischen Kontext
    • Vorschläge für neue EU-Verordnungen und -Richtlinien
    • Aufteilung der neuen EU-Ziele
    • Reform des EU-Emissionshandels für Energiewirtschaft und Industrie (EU-ETS 1)
    • Der Grenzausgleichsmechanismus (CBAM)
    • Vorgesehene EU-Rechtsakte im «Fit for 55»-Paket zum Straßenverkehr
  • Das novellierte Bundes-Klimaschutzgesetz
  • Weitere klima- und energiepolitische Rahmenbedingungen
    • Ökostromausbau und Gaskraftwerke
    • Carbon Contracts for Difference (CCfD) / weitere Instrumente zur Umbaufinanzierung
    • Novellierung der EU-Taxonomie
  • Klimapolitischer Rahmen bedarf sozialpolitischer Flankierung
  • Literatur
  • Abkürzungsverzeichnis

Zum Autor

Uwe Witt hat Volkswirtschaft studiert und ist Referent für Klimaschutz und Strukturwandel der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Er arbeitete zuvor viele Jahre als Mitarbeiter einer Bundestagsabgeordneten und als Referent für Klima und Energie in der Bundestagsfraktion DIE LINKE. Zudem war er längere Zeit als Journalist tätig. Er lebt in Berlin.