Die Ergebnisse der Studie wurden in einer Online-Veranstaltung am 24.5.2022 vorgestellt.
Für eilige Leser*Innen:
- Potenzial der LINKEN noch immer bei 18 Prozent, also fast einem Fünftel der Wahlberechtigten. Das entspräche etwa 10,8 Millionen Wahlberechtigten, die sich vorstellen können, DIE LINKE zu wählen – und dies nicht nur in Städten und im urbanen Raum, sondern auch in kleineren Orten mit 5.000 bis 20.000 Einwohner*innen. Ihr höchstes Potenzial hat DIE LINKE weiter bei Personen mit niedrigem Einkommen: Leben sie in Haushalten mit einem Nettomonatseinkommen bis 1.500 Euro, sind es 22 Prozent, bei Haushalten mit einem Einkommen bis 2.500 Euro sind es 24 Prozent.
- Ausschlaggebend für eine mögliche Wahl der LINKEN sind die folgenden Zuschreibungen: das «hohe soziale Engagement» der Partei und ihr «Einsatz für soziale Gerechtigkeit» (31 %). Ein weiterer wichtiger Grund für die Wahl (mit einigem Abstand zum sozialen Engagement) sind «gute Konzepte». «Gute Politiker*innen» folgt erst auf Platz drei. DIE LINKE gilt also weiterhin als eine Partei der (sozialen) Praxis und wird für ihre spezifische programmatische Ausrichtung geschätzt.
- Maßnahmen zur Verringerung der Einkommens- und Vermögensungleichheit in Deutschland betrachten potenzielle Wähler*innen der LINKEN (quer durch alle Einkommens- und Altersklassen) auffällig häufig als eher wichtig oder sehr wichtig.
- Fast ebenso wichtig sind potenziellen Wähler*innen der LINKEN Maßnahmen zum Schutz des Klimas in Verbindung mit einem sozialen Ausgleich. Am stärksten werden solche sozial-ökologischen Forderungen erneut von Geringverdiener*innen mit einem monatlichen Haushaltseinkommen von bis zu 1.500 Euro befürwortet. Es ist also nicht so, dass die sozial-ökologische Transformation eine Frage der urbanen Mittelschichten mit guten Einkommen (sog. Besserverdienende) wäre, sondern eine Klassenfrage, die von den Ärmsten auch als solche betrachtet wird. Debatten, Forderungen, Programmpunkte und Projekte, die die ökologische mit der sozialen Frage verbinden, können also potenziell mehr leisten, um Wähler*innen zu binden.
Eine deutliche Mehrheit von 61 Prozent der potenziellen Wähler*innen der LINKEN wünscht sich demnach von der Partei, sie solle Beschäftigung bzw. gute Arbeit und Klimaschutz als gleichrangige Herausforderungen behandeln (und dies unabhängig von der Größe ihres Wohnorts). Der Forderung, angesichts der ökologischen Krise der Klimapolitik einen Vorrang einzuräumen, stimmten nur 8 Prozent zu (mit 19 % sind es vor allem die 50- bis 59-Jährigen, die dies befürworten, sowie mit 21 % diejenigen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von unter 1.500 Euro). 24 Prozent wünschen sich von der Partei, sie solle sich vor allem für soziale Reformen einsetzen. Es spricht also viel dafür, systematischer an der Entwicklung und Darstellung verbindender Positionen zu arbeiten. Maßnahmen gegen den Klimawandel werden stärker von denjenigen unterstützt, die Gewerkschaften angehören. Der Position, die Partei solle Beschäftigung bzw. gute Arbeit und Klimaschutz gleichrangig voranbringen, also das Soziale und das Ökologische systematisch miteinander verbinden, stimmten Gewerkschaftsmitglieder mit 65 Prozent zu (gegenüber 60 % der Nicht-Mitglieder). - Dass DIE LINKE für mehr Sozialismus eintreten soll, dem stimmen 54 Prozent der potenziellen Wähler*innen zu, und dies quer zu den Einkommensklassen. Vor allem Frauen unterstützen diese Ausrichtung mit 63 Prozent. Je jünger die Befragten sind, desto häufiger stimmen sie dieser Forderung zu (bei den U40: 71 %). Dass DIE LINKE stärker für eine Alternative zum Kapitalismus eintreten soll, dafür sprechen sich Gewerkschafter* innen mit 76 Prozent viel deutlicher aus als Nicht-Gewerkschaftsmitglieder. Bei der Forderung nach mehr Sozialismus ist das Verhältnis 62 zu 53 Prozent.
Fazit: Es ist also durchaus ein stabiles Potenzial für eine sozial-ökologisch ausgerichtete linke Partei mit sozialistischer Perspektive vorhanden, entsprechende Konzepte und Kampagnen vorausgesetzt. Die Ausschöpfung dieses Potenzials gelingt bisher nicht. Damit dies möglich wird, müssen zunächst die parteiinternen Probleme gelöst und die harten internen Auseinandersetzungen befriedet werden. Nur so können Ausstrahlungskraft und Glaubwürdigkeit gemeinsam zurückgewonnen werden.