Inhalt
Einführung
Franziska Wiethold: Die Linke und die Krise – Aktionsfeld Beschäftigungssicherung
Matthias Hinze: Begrenzte Autonomie – Die DGB-Gewerkschaften im Wahljahr
Jörg Nowak: Gewerkschaften und betrieblicher Widerstand in der Krise
Horst Kahrs: Die Linken und die Krise
Christina Kaindl: Die Radikale Linke und die Krise
Conny Hildebrandt: Die aktuelle Krise auf dem Kirchentag – relevant für die Linken?
Frank Kleemann, Uwe Krähnke, Ingo Matuschek: Wer und was ist heute „links“? Konturen linksaffiner Milieus in Deutschland
Joachim Bischoff, Richard Detje, Christoph Lieber, Bernhard Müller, Bernhard Sander, Gerd Siebecke und Guido Speckmann (Redaktion Sozialismus): Eine neue Qualität des »Stellungskrieges«
Birgit Daiber: Versuch: Die Linke und die Krisen
Uli Brand: Akteurskonstellationen, deren Internationalisierung und die Frage alternativer Praxen
Mario Candeias: Die letzte Konjunktur. Organische Krise und ›postneoliberale‹ Tendenzen
Frieder Otto Wolf: Re-thinking radical politics: Crises, agencies, crisis and revolutionary practice. Theses on the way in a process of collective reflection
Peter Wahl: Politische Stabilität trotz Krise
Thomas Seibert: Strategisches Szenario, gewonnen im Rückblick auf italienische Ereignisse
Walter Baier: Krise ohne Linksentwicklung
Lutz Brangsch: Die Linken und die Krise im Spiegel der Diskussionen im Netzwerk transform!
Mona Bricke: Die Linken und die Klimakrise: Eine Frage der Gerechtigkeit
Holger Politt: Die Krise aus polnischer Sicht
Michael Brie: Die Krise als Chance
Einführung
Das Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung hat sich mit ihrem Kontroverspapier „Die Krise des Finanzmarkt-Kapitalismus – Herausforderung für die Linke“ in die öffentliche Diskussion eingebracht. Ausgehend davon haben wir Aktivistinnen und Aktivisten aus Gewerkschaftlichen, sozialen Bewegungen und Parteien sowie linker Akademikerinnen und Akademiker gebeten, in sehr knapper Form ihre Positionen zu folgenden vier Fragen aufzuschreiben:
1. Wie werden die gegenwärtigen Krisen sowohl individuell als auch kollektiv wahrgenommen? Welche Unterschiede gibt es zu den bisherigen Krisen und was bedeuten diese Unterschiede für Strategien zur Krisenbewältigung?
2. Wie verändert die Krise nach Sicht des Autors für den jeweiligen Akteur Spielraum und Varianten kollektiven wie auch individuellen Handelns? Wie werden diese veränderten Handlungsmöglichkeiten durch den jeweiligen Akteur reflektiert?
3. Mit welchen Strategien reagieren linke Akteure auf die Krise (national und international)? Gibt es wesentliche Veränderungen bezogen auf strategische Bündnisse und politische Konzepte, aktuelle Kämpfe, Kampfformen, zentrale Forderungen etc.?
4. Ermöglicht die Krise die Entwicklung und Einstiege in alternative Projekte oder Wege – welche sind das?
Im Ergebnis ist diese Sammlung entstanden, eine Art des Nachdenkens und Fragens im suchenden Vorwärtsgehen. Sie ist unvollständig, viele Positionen wären zu ergänzen, sehr Vieles muss zwangsläufig offen bleiben. Trotz allem aber zeigt sich: Krisen sind Herausforderungen für ein Neues Denken, sind Chancen, sich zu öffnen und zu experimentieren.
Eines machen alle Beiträge deutlich, die jetzige Krise ist nicht nur eine Krise des Kapitalismus, sondern auch eine Krise, die die verschiedenen Kräfte der pluralen Linken selbst verändern wird. Alle sind sie durch tiefe Widersprüche geprägt und keine in ihrer jetzigen Form und ohne eine neue Weise des Zusammenwirkens mit den anderen zu radikaler Realpolitik und einem gesellschaftsverändernden Wirken als Kraft einer über den Kapitalismus hinausweisenden Transformation fähig. Wer will, dass die Linke bleibt und stärker wird, muss wollen, dass sie sich verändert.
In der jetzigen Krise verstärken sich konservative und retardierende Tendenzen in den verschiedenen Gruppierungen der Linken wie auch jene, die durch Selbstveränderung und neue Strategien der Kooperation zu einer neuen, gesellschaftlich eingreifenden Kraft der Linken beitragen wollen. Nur zusammen und auf der Basis einer respektvollen Kritik und dem Erkunden der neuen Möglichkeiten können die Chancen dafür erschlossen werden.
Wenn dies im Geiste der Solidarität geschieht, wie in den hier vorliegenden Beiträgen, wenn aufgezeigt wird, wo neue Potentiale liegen, wenn nach Bedingungen einer engeren und wirkungsvolleren Kooperation gefragt wird, ist dies ein sehr ermutigendes Zeichen. Wir hoffen, dass dadurch zum Aufbruch der Linken in der Bundesrepublik beigetragen werden kann.
Conny Hildebrandt und Michael Brie,
7. Juni 2009