Publikation Geschichte - Nordafrika Des Kaisers heiliger Krieg.

Eine kompakte Darstellung der deutschen Orientpolitik im Ersten Weltkrieg von Salvador Oberhaus.

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Reihe

Online-Publ.

Autor

Salvador Oberhaus,

Erschienen

Oktober 2009

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von Dr. Salvador Oberhaus (2007)

Des Kaisers Heiliger Krieg.

Die deutsche Propagandastrategie im Orient während des Ersten Weltkrieges am Beispiel Ägypten*

 

 

„Wir sind gezwungen, jede sich bietende Gelegenheit auszunutzen, welche geeignet ist, den Widerstand Englands zu brechen.“[1]

 

Wenn heute in den Medien vom Djihad, dem islamischen Heiligen Krieg, die Rede ist, so sind wir es gewohnt, an den arabischen Terrorismus und den seit vielen Jahrzehnten währenden Nahost-Konflikt zu denken. In der westlichen Welt, so auch in der Bundesrepublik Deutschland, wird – oft von Ressentiments geprägt – über die Bedrohung der christlichen Zivilisation und den Vernichtungswillen fanatischer Islamisten räsoniert.[2] Dass Deutschland vor 90 Jahren diesen angeblichen islamischen Fanatismus für seine Bedürfnisse im Ersten Weltkrieg auszunutzen versuchte, ist in der veröffentlichten Meinung ebenso wenig ein Thema, wie es im öffentlichen Bewusstsein kaum eine Rolle spielt, dass die deutsche Regierung zwischen 1914 und 1916 zu diesem Zweck die Kooperation mit muslimischen Staatsmännern, Stammesführern sowie politischen und religiösen Funktions- und Würdenträgern suchte. Die islamische Welt sollte durch massive propagandistische Beeinflussung seitens Deutschlands zur Aufnahme eines Heiligen Krieges gegen England und Frankreich, die Hauptmächte der Entente, gebracht werden. Die deutsche Propagandastrategie im Orient ist Gegenstand der vorliegenden Darstellung.

 

Die zu Berühmtheit gelangte Expedition Oskar Ritter von Niedermayers und Werner Otto von Hentigs nach Afghanistan, die Expedition von Fritz Klein in Persien, die Expedition von Ottmar von Stotzingen in den Jemen, die Mission von Otto Mannesmann ins Maghreb, die Mission Leo Frobenius in den Sudan, um nur einige wenige Beispiele zu nennen, sie alle dienten der Aufwiegelung der islamischen Welt und waren mehrfach Gegenstand geschichtswissenschaftlicher Studien.[3] Weniger Beachtung fand bis in die jüngste Zeit das Land, das im Fokus der deutschen Revolutionierungspolitik stand und als Tor zum britischen Weltreich galt: Ägypten.[4] Am Beispiel der Ägyptenpolitik als wichtigstem Mittel der deutschen Orientkriegsstrategie soll das Nachstehende der Einführung in ein lange Zeit in Vergessenheit geratenes Kapitel des Ersten Weltkrieges dienen. Die Ausführungen orientieren sich an den Fragen, welche Motive und Ziele der Insurrektionspolitik gegen Ägypten zugrunde lagen und wie diese programmatisch, organisatorisch und methodisch umgesetzt werden sollte. Dass die deutschen Revolutionierungsbemühungen im Sande verliefen, zeigt, dass die deutsche Ägyptenpolitik im Ersten Weltkrieg sich als Geschichte orientpolitischer Illusionen erwiesen hat. Die Durchführung der Insurrektionsstrategie wirft vor diesem Hintergrund zugleich die Frage nach den Ursachen für das Scheitern der deutschen Orientpolitik auf.[5]

 

1. Auslöser und Ziele der deutschen Revolutionierungspolitik

 

Die kriegführenden Staaten waren bestrebt, in bestimmten Regionen der Welt die Bevölkerung der feindlichen Mächte zu insurgieren mit der Intention, dadurch einen kriegsentscheidenden Vorteil zu erzielen.[6] Das kaiserliche Deutschland tat sich hierbei aus mehreren Gründen besonders hervor. Berlin versuchte mit Beginn der militärischen Auseinandersetzungen und als unmittelbare Reaktion auf den sich sehr bald abzeichnenden ungünstigen Kriegsverlauf, eine globale Umfassungsstrategie gegen England, Russland und Frankreich, einen Heiligen Krieg zur Revolutionierung der islamischen Länder in Afrika und Asien zu konzipieren. Im Bündnis mit der Türkei als religiöser Führungsmacht – das deutsch-türkische Geheimabkommen wurde am 2. August 1914 unterzeichnet[7] – sollte der Islam, zu dessen Freund und Schutzherr Kaiser Wilhelm II. sich 1898 aufgeworfen hatte, „zum wilden Aufstande“ entflammt werden.[8] Dem Orient, der seit der Reichsgründung 1871 abgesehen vom Osmanischen Reich und seiner nordafrikanischen Provinz Ägypten eine untergeordnete Rolle in der deutschen Außenpolitik gespielt hatte, wurde geradezu über Nacht kriegsentscheidende Bedeutung zugemessen.[9]

 

Die Festlegung auf diese Umsturzpolitik war in erster Linie eine Folge des Zweifrontenkrieges, aber auch eine Reaktion auf die Erstarrung der Fronten im Stellungskrieg im Westen.[10] Der Versuch, die muslimische Bevölkerung durch einen massiven Propagandamitteleinsatz zu verführen, sich als aktiver Faktor für die deutsche Kriegsführung instrumentalisieren zu lassen, kann als Eingeständnis der Verantwortlichen gewertet werden, dass der Schlieffenplan gescheitert war. Deutschland war militärisch nicht auf die Führung eines langdauernden, sich zunehmend internationalisierenden Krieges vorbereitet.[11] So versuchte Berlin, sich aus dem Dilemma des Zweifrontenkrieges zu befreien, indem es eine dritte Front im Nahen und Mittleren Osten eröffnete.

 

Für die Entscheidung des Kaisers und seines Generalstabschefs von Moltke, einen Heiligen Krieg zu führen, war des Weiteren konstitutiv, dass England seinen Bündnispflichten nachkam und auf Seiten der Entente in den Krieg eintrat.[12] Im Großen Hauptquartier (GHQ) und im Auswärtigen Amt wähnte man sich nun einer „Welt von Feinden“ ausgeliefert.[13] Die Revolutionierungspolitik richtete sich besonders gegen Großbritannien mit dem Ziel der dauerhaften Schwächung des Königreichs als europäischer Großmacht als Resultat eines deutschen Siegfriedens.[14] Wenn es gelänge, so die bei Kriegsbeginn unter den höchsten Entscheidungsträgern vorherrschende Meinung, die nach Millionen zählenden Muslime besonders in Ägypten und Indien zum Aufstand gegen wenige Tausend Engländer aufzustacheln, würde die britische Kolonialverwaltung ihre politische und militärische Kontrolle über diese Gebiete verlieren. Der deutschen Revolutionierungslogik gemäß würde das Empire in Folge des hierdurch ausgelösten Dominoeffekts hinsichtlich der Ausbreitung revolutionärer Protestbewegungen in der islamischen Welt zusammenbrechen und militärisch kapitulieren müssen.

 

Zeigte man sich in der militärischen und zivilen Reichsadministration zu Kriegsbeginn noch davon überzeugt, England durch die Mobilisierung einer muslimischen Reservearmee sowohl aus dem Krieg als auch aus dem Konzert der Großmächte drängen zu können, musste man sich schon bald mit wesentlich bescheideneren Zielen zufrieden geben: Der Bindung möglichst großer britischer Truppenkontingente an der Orientfront, um die eigenen Armeen auf dem europäischen Hauptkriegsschauplatz zu entlasten. Mittel- oder langfristige politische Strategien, die über das kurzfristige Ziel der Revolutionierung hinausgingen, verfolgte das kaiserliche Deutschland während des Krieges in den Ländern des Orients nicht. Eine Ausnahme bildete die Türkei; die Türkei stand im Fokus deutscher imperialistischer Begehrlichkeiten. Die Orientpolitik war ausschließlich an den Erfordernissen der deutschen Kriegsführung ausgerichtet, denen sich die potentiellen muslimischen Kollaborateure ungeachtet ihrer jeweiligen politischen Ziele unterzuordnen hatten.

 

Aufruhrszenarien betreffend die muslimische Welt waren dem Auswärtigen Amt bei Kriegsausbruch nicht unbekannt. Der Insurrektionsgedanke war in interessierten militärischen und diplomatischen Kreisen durchaus populär. In den zwei Jahrzehnten vor 1914 traten verschiedene Protagonisten aus Armee und Politik mit Ideen an die Öffentlichkeit, wie der so wahrgenommene „islamische Fanatismus“ in einem kommenden europäischen Krieg zum Vorteil Deutschlands ausgenutzt werden könnte.[15] Es ist auffällig, dass Destabilisierungsideen besonders in Zeiten internationaler Krisen Konjunktur hatten.[16] Insofern kann man die wenigen überlieferten Szenarien, die allerdings eine erste Planungsphase auf privater Ebene nicht überschritten, als Krisenphänomene bezeichnen. Als private Meinungsäußerung qualifiziert, blieben diese Ideen für das politische Tagesgeschäft im Auswärtigen Amt vor der Juli-Krise 1914 bedeutungslos. Von der Bündnisdynamik der Entente und dem Kriegsverlauf der ersten Wochen überrascht, entschied man sich in der Wilhelmstrasse aus der Not heraus für die Strategie der Insurrektion.

 

2. Organisation und Programm. Oppenheims Oktober-Memorandum

 

Wilhelm II. reagierte auf den englischen Kriegseintritt mit den Worten: „Unsere Consuln in Türkei und Indien, Agenten etc. müssen die ganze Mohammed Welt gegen dieses verhaßte, verlogene, gewissenlose Krämervolk zum wilden Aufstande entflammen; denn wenn wir uns verbluten sollen, dann soll England wenigstens Indien verlieren.[17] Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Gottlieb von Jagow, instruierte den deutschen Botschafter in Konstantinopel, Hans von Wagenheim, entsprechend: „Da mit Englands Eingreifen gegen uns gerechnet werden muss, bitte Erforderliches vorbereiten damit, […] mohammedanische Parole in die englischen Kolonien besonders nach Indien geworfen wird. Revolutionierung des Kaukasus wäre erwünscht.[18] Generalstabschef von Moltke kommentierte den Abschluss des Bündnisses wenige Stunden nach dessen Unterzeichnung in diesem Sinne: „Es müssen Versuche gemacht werden, einen Aufstand in Indien zu entfalten, wenn England als unser Gegner auftritt. Dasselbe ist in Ägypten zu versuchen […] Persien ist aufzufordern, die günstige Gelegenheit zu benutzen, das russische Joch abzuschütteln und, wenn möglich, gemeinsam mit der Türkei vorzugehen.“[19] Drei Tage später verlieh er dieser Forderung gegenüber dem Auswärtigen Amt Nachdruck: „Von höchster Wichtigkeit ist […] die Insurrektion von Indien und Ägypten, auch im Kaukasus. – Durch den Vertrag mit der Türkei wird das Auswärtige Amt in der Lage sein, diesen Gedanken zu verwirklichen und den Fanatismus des Islams zu erregen.[20]

 

Wie aber sollte ein Aufstand internationalen Ausmaßes initiiert und koordiniert werden? Der Absicht, die islamische Welt zu revolutionieren, lag die größte deutsche auslandspropagandistische Kampagne des Ersten Weltkrieges zugrunde. Propaganda – in jener Zeit eine theoretisch und institutionell noch wenig fundierte Disziplin – galt den Entscheidungsträgern in Regierung und Militär als „Wunderwaffe“,[21] deren massiver Einsatz den Sieg im Kampf um die Köpfe bewirken sollte, als Voraussetzung für den militärischen Sieg auf den Schlachtfeldern. Die Zeitgenossen legten ihrem Handeln eine pragmatische Definition von Propaganda zugrunde. Demnach wurde Propaganda als die Gesamtheit aller Mittel und Methoden der Beeinflussung und Manipulation verstanden.[22]

 

Deutschland sollte sich auf die Führung eines Propagandakrieges gleichfalls als nicht vorbereitet erweisen. Das Deutsche Reich verfügte 1914 über ein nur bescheidenes kultur- und pressepolitisches Instrumentarium im islamischen Ausland. Die Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die öffentliche Meinung, die eine amtliche auswärtige Kulturpolitik bot, wurden von der Reichsregierung erst in der unmittelbaren Vorkriegszeit erkannt.[23] Die notwendigen Institutionen mussten daher gleichsam aus dem Nichts geschaffen werden. In den hektischen Tagen des Kriegsausbruchs begannen sich berufen fühlende Diplomaten und Orientkenner mit der Selbstorganisation der für die Revolutionierung notwendigen Propagandastrukturen auf privater und amtlicher Ebene.[24] In Kooperation mit verschiedenen amtlichen und privaten Propagandastellen, den deutschen Auslandsvertretungen und Geschäftsniederlassungen, war das Auswärtige Amt – hier namentlich die eigens eingerichtete Nachrichtenstelle für den Orient (NfO) – in Verbindung mit dem GHQ bzw. der Obersten Heeresleitung (OHL) – namentlich der Abteilung IIIb beim stellvertretenden Generalstab des Feldheeres – federführend für die Planung und Durchführung der Insurrektionspolitik verantwortlich.

 

Im Bündnis mit der Türkei als islamischer Führungsmacht und in Zusammenarbeit mit den jeweiligen einheimischen politischen und gesellschaftlichen Eliten sollte die muslimische Bevölkerung Ägyptens mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln und Methoden der Beeinflussung gegen die Kolonialmächte aufgewiegelt und zur Teilnahme am propagierten antikolonialen Befreiungskrieg bzw. Djihad verpflichtet werden, den der türkische Sultan-Kalif Muhammad V. Reschad auf deutsches Drängen hin am 11. November 1914 proklamierte.[25] In Vorbereitung auf dieses Ereignis erreichten die eingeleiteten Propagandaexpeditionen und -missionen schon wenige Tage nach Kriegsbeginn eine schier unüberschaubare Vielzahl, wie der „Überblick über die in der islamitisch-israelitischen Welt eingeleitete Agitationstätigkeit“ verdeutlicht,[26] den Legationsrat von Prittwitz am 16. August 1914 ins GHQ übermittelte.[27]

 

Die zugrunde liegende Strategie basierte auf einem im Auswärtigen Amt wenige Tage vor Kriegsausbruch erdachten Propagandakonzept, das in den ersten Wochen des Krieges konkretisiert wurde. Der Forschungsreisende und Archäologe Freiherr Max von Oppenheim, Sohn einer Kölner Bankiersfamilie, der lange Jahre als orientpolitischer Berichterstatter für das Auswärtige Amt in Kairo weilte, war an maßgeblicher Stelle mitverantwortlich für die Konzeptionalisierung der deutschen Propaganda für den Orient im Ersten Weltkrieg.[28] Die Forschungsmeinungen zu Oppenheim gehen weit auseinander und reichen von einer Identifizierung und Personifizierung der deutschen Orientpolitik mit Max von Oppenheim (auch schon in der Vorkriegszeit) bis hin zu einer apologetischen Negierung jeglichen Einflusses Oppenheims auf die politischen Entscheidungsträger.[29] Oppenheim stand zu Kriegsbeginn im Zenit seines kurzfristigen, nur wenige Monate währenden orientpolitischen Einflusses auf die Entscheidungsträger im Auswärtigen Amt. Oppenheims Bedeutung für die Orientpolitik erwuchs aus seiner „Denkschrift betreffend die Revolutionierung der islamischen Gebiete unserer Feinde“, einem methodischen Wegweiser, der zum Zeitpunkt seiner Fertigstellung ohne Alternative war.[30] Oppenheims Verdienst bestand darin, die häufig konfusen und zusammenhanglosen Vorstellungen, Ideenpapiere und bereits angelaufenen Aktionen in einen logischen Zusammenhang gebracht zu haben. Erst durch Oppenheims Leitfaden schien den maßgeblichen Entscheidungsträgern im GHQ und im Auswärtigen Amt das von deutscher Omnipotenz, Überheblichkeit und Größenwahn gekennzeichnete Revolutionierungsprojekt beherrschbar.[31]

 

„In dem uns aufgedrängten Kampfe gegen England, den dieses bis aufs Messer führen will, wird der Islam eine unserer wichtigsten Waffen werden. Egypten und Indien sind die Achilles-Ferse des seegewaltigen britischen Kolosses. […] Das Eingreifen des Islam in den gegenwärtigen Krieg ist besonders für England ein furchtbarer Schlag. Tun wir alles, arbeiten wir vereint mit allen Mitteln, damit derselbe ein tödlicher werde!“[32] In diesem Tenor entwickelt das Memorandum auf 136 Seiten inhaltliche Leitlinien für die Propaganda, einen Maßnahmenkatalog zur Entfachung von Aufständen sowie einen Entwurf für die institutionelle Aufstellung und Eingliederung der NfO in die Struktur des Auswärtigen Amts. Im ersten Abschnitt, dem operativen Teil, fasst Oppenheim in eklektischer Weise die bis dato im Auswärtigen Amt eingegangenen Aktionsvorschläge zur Insurrektion der britischen und französischen Kolonien zusammen, die seines Erachtens dazu geeignet sind, den Heiligen Krieg gegen die Entente zu provozieren. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Agitationsaufträge in Gestalt von Propagandamissionen- und expeditionen, die von verschiedenen Personen aus Militär, Politik und Gesellschaft angeregt wurden.[33] Eigene Vorschläge bringt Oppenheim in den ersten Teil seiner Denkschrift nicht ein, weshalb es irreführend ist, ihn als den „Vater des Djihads“ zu bezeichnen.[34]

 

Das Memorandum behandelt in zwölf Kapiteln neben der Türkei namentlich Ägypten, Indien, Persien, Afghanistan, Marokko, Algerien, Tunesien und weitere nordafrikanische Gebiete sowie die islamischen Territorien des Russischen Reichs. Für die einzelnen Territorien werden zunächst Propagandaaktionen empfohlen und, darauf aufbauend, Vorschläge zum militärischen Vorgehen unterbreitet, wobei „mit entsprechenden Abänderungen“ grundsätzlich in allen Ländern auf gleiche Weise vorzugehen ist. Als Hauptvorbedingung für die erfolgreiche Umsetzung seines Rahmenprogramms sieht Oppenheim „eine intensive Mitwirkung der Türken unter der Fahne des Sultan Chalifa, und zwar in zielbewußter Organisation“ an.[35] Die Insurrektion soll in zwei Schritten erfolgen. „Erstens Propaganda: Bekämpfung der systematisch von unseren Gegnern verbreiteten Falschmeldungen über die Kriegsentwicklung und richtige Aufklärung über die Kriegslage, sowie direkte Aufforderung zu Aufständen gegen unsere Feinde und Unterstützung von solchen.“[36] Der zweite Schritt wird durch „Kriegerisches Vorgehen der Türkei“ im Orient getätigt. Ohne militärisches Eingreifen der Türken sei „in gewissen Ländern, so in Egypten und in den russisch-islamischen Gebieten, an eine ernste Revolutionierung nicht zu denken.[37] Als Vorbereitung auf militärische Aktionen der Türkei, welche als „das beste Propagandamittel“ bezeichnet werden, hat eine „über die wahre Kriegslage aufklärende und gleichzeitig auf die Erhebung gegen die Fremdherrschaft hinzielende Propaganda [unter den Muslimen] einzusetzen.“[38]

 

Entsprechend der Bedeutung, die dem Land beigemessen wurde, nimmt Ägypten breiten Raum in den Ausführungen Oppenheims ein.[39] In der Hauptsache sei für einen großen Aufstand der ägyptischen Bevölkerung Grundvoraussetzung, dass „türkische Truppen in genügender Stärke am Suez-Kanal sich zeigen und womöglich diesen schon überschritten haben“. Der Angriff türkisch-deutscher Truppen auf den Suezkanal als Feldzug im Heiligen Krieg, der am 2. Februar 1915 erfolgte und binnen weniger Stunden von den Briten abgewehrt wurde, galt allen beteiligten Deutschen, Türken und Ägyptern als conditio sine qua non hinsichtlich der Entfachung flächendeckender und wirkungsvoller Aufstandsbewegungen im Land. Denn: „Vorher wird das ägyptische Volk, abgesehen von kleinen Putschen, sich ruhig verhalten, alsdann jedoch, wie ich fest überzeugt bin, sich am Kampf, so gut es eben kann, mit allen Mitteln beteiligen. […] Wenn die türkischen Truppen, womöglich geführt vom Khediven und dem türkischen Obergeneral, am Suez-Kanal stehen, wird der „heilige Krieg“ im Nilland zum Ausbruch kommen.[40] Oppenheim urteilt optimistisch über die Insurrektionsbedingungen: „In Egypten ist, wie ich glaube, gute Arbeit zur Vorbereitung eines allgemeinen Aufstandes durch Emissäre, Übermittlung von wahrheitsgetreuen Nachrichten über die Kriegslage, Verteilung von flammenden Flugschriften etc. getan. Gleich anfangs sei jedoch betont, daß eine Gesamterhebung der Egypter erst bei einem siegreichen Vordringen der türkischen Armee im Nilland zu erwarten ist.“[41]

 

Oppenheim rechnet damit, dass im „englandfeindlichen“ Ägypten sowie im ägyptischen Sudan insgesamt mehr als 12 Millionen Muslime zur Unterstützung des Djihad bereit stehen, falls sie zuvor optimal agitiert werden. Deshalb ist, „solange das siegreiche Vordringen der türkischen Armee im Nilland“ auf sich warten lässt, die Öffentlichkeitsarbeit zu forcieren.[42]Die Propaganda im Namen des Sultan Chalifa ist in steigendem Maße mit Hochdruck zu betreiben und vor allem das gewöhnliche Volk durch Aufrufe und andere Mittel zur Gärung zu bringen.“[43] Oppenheim schlägt vor, möglichst „viele kleine Putsche, Attentate, etc. [...] zu veranlassen.“ Die daraufhin von den Engländern gegen die Ägypter eingeleiteten Repressionen würden den Leidensdruck der als englandfeindlich geltenden Bevölkerung nur verschärfen, denn die Repressalien werden „je grausamer sie einsetzen und je mehr sie, wie vorherzusehen, Unschuldige treffen, die Wut und den Fanatismus des Volkes vermehren und die schwerfälligen, manchmal mit Unrecht als überfeige bezeichneten Stadtbewohner und Fellachen für den Kampf bis aufs Messer zur Herauswerfung der Engländer bereitwilliger machen.“[44]

 

Zusammenfassend hält Oppenheim das gemeinsame, von massiven Propagandakampagnen und Sabotageunternehmen begleitete, militärische Vorgehen von Türken und Senussi[45] bei zeitgleich stattfindenden lokalen Unruhen in den Städten für ausreichend, England in Ägypten zu besiegen. Im Rahmen einer bis ins Groteske gesteigerten Freund-Feind-Agitation sollten die inhaltlichen Schwerpunkte der Propaganda für den Orient Aufrufe zum Djihad, panislamische Appelle an die muslimische Solidarität und antikolonialistische Unabhängigkeitsforderungen bilden.

 

Im zweiten Teil der Denkschrift entwickelt Oppenheim einen Organisationsentwurf zur Institutionalisierung der Propaganda für den Orient. Dieser Entwurf geht originär auf den Autor zurück und führte zur Einrichtung der NfO und verschiedener nationaler Revolutionskomitees unter den kollaborierenden Orientalen. Die Nachrichtenstelle für den Orient, die Oppenheim bis März 1915 persönlich leitete, wurde als think tank der Djihadpropaganda angelegt. Die NfO war in neun Länder- und Sachabteilungen untergliedert, in denen sowohl deutsche als auch orientalische Mitarbeiter, zumeist Akademiker, ihren Dienst versahen.[46] In erster Linie nahm die NfO die Funktion eines pressepolitischen und publizistischen Lenkungsinstruments wahr und trat darüber hinaus als Nachrichtendienst im Sinne eines Informationsdienstes in Erscheinung, der Nachrichten zu sammeln hatte, um diese propagandistisch auswerten und aufbereiten zu können. Die halbamtliche NfO war für Propagandamaßnahmen aller Art verantwortlich, vornehmlich im Presse- und Druckschriftensektor (inhaltliche Gestaltung, Herstellung und Vertrieb). Des Weiteren beteiligte sich die NfO an nachgeordneter Stelle an der Planung und Betreuung subversiver Unternehmungen.

 

Ungehinderter Nachrichtenverkehr ist eine Grundvoraussetzung für den Erfolg und die Effizienz visuell erfahrbarer Propaganda. Die Provokation einer antibritischen Aufstandsbewegung konnte nur gelingen, wenn Mittel und Wege gefunden würden, die Bevölkerung flächendeckend mit Propagandamaterial zu versorgen und wenn es besonders in den Städten gelänge, wo das größte Protestpotential vermutet wurde, die Menschen nachhaltig und massiv für den Heiligen Krieg bzw. Befreiungskampf zu agitieren. Vor diesem Hintergrund gilt eine weitere Hauptsorge Oppenheims der Einrichtung nachrichtendienstlicher Strukturen bzw. Propagandanetzwerke, um die Kommunikation zwischen den deutschen Initiatoren und den ausführenden Emissären in der islamischen Welt herzustellen, sowie Propaganda in die Zielgebiete zu tragen.

 

Zweitens sollten Informationen beschafft und gesichert werden, die dann propagandistisch auszuwerten waren. Hierfür sollte auf konsularischer Ebene durch das Auswärtige Amt ein Netz von Propagandastellen eingerichtet werden, das durch privat zu organisierende Agenturen ergänzt wird. Diese nachrichtendienstlichen (nicht geheimdienstlichen) Strukturen basierten auf Einrichtung kleiner, flexibler Informanten- bzw. Propagandisten-Netze auf niedrigem organisatorischem Niveau, die von zahlreich rekrutierten Emissären, um den Begriff der Quellen zu verwenden, getragen wurden. Diese lokalen Propagandastrukturen unterstanden der Kontrolle des Auswärtigen Amtes als zentraler Planungsstelle und Dienstaufsichtsbehörde. Zur Wahrnehmung ihrer agitatorischen Aufträge bedienten sich die Emissäre vornehmlich der Erzeugnisse publizistischer Propaganda (Zeitungen, Flugblätter, Broschüren).

 

3. Merkmale deutscher Ägyptenpolitik im Krieg

 

Die deutsche Ägyptenpolitik im Ersten Weltkrieg kann in zwei Phasen unterteilt werden, deren Übergang der Fehlschlag der ersten Expedition gegen den Suezkanal Anfang Februar 1915 markiert. Erstens: Unter dem absoluten Primat der Türkeipolitik war das Auswärtige Amt bereit, die Ägypter im Rahmen einer Politik der partiellen Integration oberflächlich in die Insurrektionsstrategie gegen das Nilland einzubinden. Die Reichsleitung erklärte sich mit der materiellen und politischen Unterstützung der Ägypter grundsätzlich „einverstanden, falls Türkei keine Schwierigkeiten macht, da für uns letztere wichtiger ist als Khedive.“[47] Der militärisch-operative Bereich der Revolutionierungsstrategie war von vorneherein von der Integration ausgenommen. Als Gegenleistung erwartete man einen unmittelbaren und schnell wirksamen Beitrag der Ägypter zur Revolutionierung. Das deutsche Interesse an Ägypten war, wie dargestellt, kurzfristig und an den Kriegsbedürfnissen des Reiches orientiert. Das Auswärtige Amt verweigerte gegenüber dem Khediven und den ägyptischen Nationalisten wiederholt eine verbindliche ägyptenpolitische Festlegung. Demgemäß konnte und wollte sich die Wilhelmstraße ungeachtet gegebener Zusagen gegen den durch die Kooperationsvereinbarung mit den Ägyptern provozierten Widerstand der Türkei nicht durchsetzen, die von Beginn an die Position vertrat, Ägypten ohne Beteiligung der Ägypter dem britischen Einfluss entreißen zu wollen.

 

Zweitens: Im Sommer 1915 gab das Auswärtige Amt die Politik der partiellen Integration zugunsten einer auf die Ägypter gerichteten und auf Schadensabwehr konzentrierten Überwachungs- und Disziplinierungspolitik auf. Auf diese Weise wurde ein Modus Vivendi geschaffen, der Ausgrenzung und Antagonismen beförderte und eine spürbare Distanzierung zwischen Auswärtigem Amt und ägyptischen Kollaborateuren zur Folge hatte. Der seither gepflegte unverbindliche und Desinteresse demonstrierende Politikstil der umgangenen Entscheidungen gegenüber den Ägyptern verstärkte sich durch den für die Mittelmächte ungünstigen Kriegsverlauf im Orient und durch die hiermit im Zusammenhang stehende Einstellung der Djihadpropaganda und die Quasi-Aufgabe der Insurrektionspolitik im Jahre 1916.[48] Die so ausgelöste und bis Kriegsende irreversible Identitätskrise der deutschen Orientpolitik, die ihrer sinnstiftenden und Existenz berechtigenden Funktion, die Muslime zum Aufstand zu führen, beraubt wurde, drückte sich besonders in der Unfähigkeit der politischen Entscheidungsträger aus, einen Paradigmenwechsel zu vollziehen. Eine sich andeutende Neuausrichtung der Ägyptenpolitik im Sommer 1918 vom Überwachungsregime hin zu einer neuerlichen aktiveren Einbindung ägyptischer Akteure in die Entscheidungsfindung wurde angesichts des bevorstehenden Untergangs des kaiserlichen Deutschlands im Herbst im Keim erstickt.[49]

 

4. Propagandapraxis: Beispiele deutsch-ägyptischer Kooperation

 

Die Phase der Politik der partiellen Integration im Kriegsjahr 1914/15 ist hier von besonderem Interesse. Die deutsch-ägyptische Kollaboration erreichte in dieser Zeit ihren Höhepunkt. Dem Auswärtigen Amt war bewusst, dass ohne die aktive Kooperation der ägyptischen Nationalisten und des Khediven an eine erfolgreiche Umsturzbewegung nicht zu denken war. Die im Exil in der Schweiz lebenden ägyptischen Nationalisten um Mohammed Farid und Ali Schamsi sowie der in Konstantinopel weilende Khedive Abbas Hilmi II. suchten ihrerseits die Unterstützung Deutschlands. Mohammed Farid, der Präsident der Hizb al-Watani, der ägyptischen Nationalpartei, begab sich am 13. August 1914 zur deutschen Vertretung in der Schweiz, um seine Partei als starken Partner anzubieten und erste Vorschläge zur Aufwiegelung der ägyptischen Bevölkerung zu unterbreiten.[50] Eine Woche später wandte sich Abbas Hilmi II. an den deutschen Botschafter in Konstantinopel, Hans von Wagenheim, mit der Erklärung, alles in seiner Macht stehende unternehmen zu wollen, um die deutsche Kriegspolitik im Orient zu unterstützen und die Engländer aus Ägypten zu vertreiben.[51] Die in widerstrebenden innerparteilichen Strömungen organisierten ägyptischen Nationalisten erhofften sich von einer Kooperation mit Deutschland und der Türkei die Lösung der „ägyptischen Frage“ im Sinne des Selbstbestimmungsrechts ihres Volkes: Die Unabhängigkeit von England, welches Ägypten 1882 okkupiert und im Dezember 1914 in ein britisches Protektorat umgewandelt hatte. Vom Khediven forderten die Nationalisten politisches Entgegenkommen hinsichtlich der Einführung einer Konstitution in Ägypten.[52] Abbas Hilmi II. erwartete als Gegenleistung für seine Unterstützung die Restauration in sein Amt. Die Engländer hatten den Khediven nach Ausbruch des Krieges der Kollaboration mit den Mittelmächten beschuldigt und abgesetzt.[53]

 

Gegen beträchtliche grundsätzliche Bedenken der türkischen Regierung, besonders des Großwesirs Said Halim, der offensichtlich eigene Ansprüche auf den ägyptischen Thron erhob, und trotz erheblicher Zweifel an der Integrität der Nationalisten und des ägyptischen Khediven, der für seine politischen Intrigen gegen die türkische Regierung berüchtigt war[54], kam auf Vermittlung der deutschen Botschaft in Konstantinopel im September 1914 die konzertierte deutsch-türkisch-ägyptische Aktion zustande.[55] Es handelt sich hierbei um eine äußerst fragile Partnerschaft, die von gegenseitigem Misstrauen und konträren politischen Interessen geprägt war.[56] Oppenheim, der mit Abbas Hilmi II. persönlich bekannt war, bemerkt hierzu: „Der Einfluss des Khediven [auf die Bevölkerung] ist nicht zu unterschätzen. Seine Teilnahme an der Aktion [gegen den Suezkanal] wird wesentlich zu einem Erfolge derselben beitragen. Es ist zu beglückwünschen, daß es unserer Diplomatie gelungen ist, Enver Pascha, den Khediven und die egyptischen Nationalisten für den Augenblick zusammenzubringen. Hoffentlich werden die drei Faktoren bis zur Niederwerfung der Engländer zusammenhalten.“[57]

 

Mit der Zusicherung, die latente Aufstandsbewegung auslösen und koordinieren zu können, deren Existenz im Untergrund die Ägypter unisono bejaht hatten, machten sich die Ägypter als Kooperationspartner für die deutsche Regierung vorübergehend unentbehrlich. Auswärtiges Amt und Auslandsvertretungen hatten die wichtige Aufgabe gemeinsam mit den Partnern der konzertierten Aktion, die Bevölkerung in Ägypten auf den bevorstehenden türkischen Einmarsch und die „Befreiung“ des Landes von britischer Fremdherrschaft vorzubereiten sowie die in der Öffentlichkeit lokalisierte diffuse Sympathie für die Mittelmächte in konkrete aktive Kooperation zu übertragen.[58] Die Gemeinschaftsaufgaben der Nachrichtenstelle für den Orient und der ägyptischen Kollaborateure, des so genannten „Ägyptischen Revolutionskomitees“ um Mohammed Farid, Abdel Aziz Schauisch und Abbas Hilmi II, können wie folgt zusammengefasst werden: 1. Propagandatechnische Grundlagenarbeit: Hierunter ist die Institutionalisierung nachrichtendienstlicher Strukturen von und nach Ägypten zur Herstellung, Sicherung und Kontrolle des Informations- und Materialtransfers ebenso zu verstehen, wie die Rekrutierung und Entsendung von Emissären bzw. Agents Provocateurs zur Aufwiegelung der Bevölkerung und Einrichtung von „Revolutionszellen“ in den ägyptischen Großstädten. Diesem Bereich ist des Weiteren die Sammlung von Informationen über die politischen und militärischen Verhältnisse in den Zielgebieten der Revolutionierungspolitik zuzuordnen.[59] 2. Publizistisch-propagandistisches Einwirken auf die ägyptische Bevölkerung und den islamischen Orient (Druckschriftenpropaganda: Presse, Flugblätter, Broschüren etc.). 3. Vorbereitung und Mitwirkung an Kampagnen zur propagandistischen Begleitung der Expedition gegen den Suezkanal sowie Herstellung und Aufrechterhaltung der Kommunikation mit der Basis der auszulösenden Protestbewegung in Ägypten und deren Steuerung via Berlin und Konstantinopel.[60]

 

Legationsrat v. Prittwitz fasste die Hauptanliegen der Agenda treffend zusammen: „Nach Angaben dieses Komitees [i. e. das spätere ägyptische Revolutionskomitee] soll es möglich sein […] den Betrieb des Suezkanals zu stören. Endlich werden besondere Vertrauenspersonen nach Ägypten gehen und dort Unruhen unter den Eingeborenen anzustiften trachten.[61] Deutsche Propaganda in Ägypten stellte sich in der Praxis als eine permanente Improvisation dar, nachrichtendienstliche Netzwerke einzurichten. Das Auswärtige Amt und die ägyptischen Partner unternahmen besonders in Vorbereitung auf die erste Expedition gegen den Suezkanal zahlreiche Versuche, Propagandanetzwerke zu installieren. Große Wirkung versprachen sich die selbsternannten Djihadisten und Befreiungskrieger von einem kombinierten Vorgehen aus Guerillakrieg[62], Sabotageaktionismus und Propagandainfiltration mittels Emissärwesens. Der inzwischen in Konstantinopel eingetroffene Farid gründete Mitte September 1914 mit verschiedenen Parteifreunden und in Abstimmung mit den Partnern der konzertierten Aktion das mehr abstrakte als in seiner Wirkung wahrnehmbare ägyptische Revolutionskomitee.[63]

 

Die Ägypter beabsichtigten, den Vormarsch der Hauptexpedition gegen den Suezkanal zu nutzen, um Emissäre der Nationalpartei ins Land zu schleusen, die vor Ort alle notwendigen Vorbereitungen für die Revolution und die Übernahme der Regierungsgeschäfte durch Abbas Hilmi II. zu treffen hatten.[64] In den ersten Monaten des Krieges boten sich viele im Exil lebende Ägypter an, als Propagandisten nach Ägypten zu gehen. Auftragsformulierungen und Reisevorbereitungen wurden für nicht wenige Freiwillige vom Auswärtigen Amt getroffen.[65] Allerdings erreichten nur die wenigsten Emissäre ihr Ziel, weil sie auf kaum zu überwindende Hindernisse stießen. Ein Beispiel: Mit Hussein Schafik, einem ägyptischen Offizier, und dem in Berlin studierenden Hamid Ismail wurden am Abend des 12. Oktober 1914 zwei Personen nach Ägypten entsandt, um die Parteigliederung im Lande entsprechend zu instruieren und lokale Revolutions-Komitees zu gründen. Beiden Vertretern wurde offensichtlich die Durchführung ihrer Mission von türkischer Seite unmöglich gemacht. Diese Vermutung wird durch die Tatsache nahegelegt, dass keiner der beiden Repräsentanten Berichte über seine Mission lieferte. Wie Schafik und Ismail ging es nahezu allen Ägyptern, die zum Expeditionsheer stießen und dem radikalen Flügel der Nationalpartei zugerechnet wurden, der Autonomie für Ägypten auch von der Türkei forderte. Sie wurden von Djemal Pascha, dem türkischen Oberkommandierenden der 4. Armee, zurückgewiesen und an der Ausführung ihrer Aufträge gehindert.[66]

 

In seltenen Fällen gelang es Emissären der Nationalpartei, an die ägyptische Grenze zu gelangen. Dort wurden sie von britischen Soldaten aufgegriffen und verhaftet oder des Landes verwiesen.[67] England hatte nach Kriegausbruch scharfe Sicherheitsmaßnahmen ergriffen und Ägypten von der Außenwelt isoliert.[68] Die wenigen Emissäre, denen es gelang, nach der Einreise in Kairo oder Alexandria unterzutauchen, vermochten keine propagandistische Wirkung zu entfalten. Die Frage, ob hierfür in erster Linie die britische Sicherheitspolitik verantwortlich war oder ein Versagen der Emissäre, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Die Vermutung liegt nahe, dass die nur rudimentär ausgeprägten Propagandastrukturen vor den britischen Behörden kapitulieren mussten.

 

Im Juni 1915 unternahmen die Ägypter in Zusammenarbeit mit Max von Oppenheim, der inzwischen mit Propagandaaufgaben an der deutschen Botschaft in Konstantinopel betraut worden war, den, wie sich herausstellen sollte, letzten großen Versuch, ein Propagandanetzwerk für Ägypten einzurichten. „Es ist von allen Seiten mit Bedauern festgestellt worden, wie schwierig eine sichere und dauernde Nachrichtenverbindung mit Egypten ist“ stellt Oppenheim die „Zufälligkeit“ des Informationsflusses in einem Bericht an Reichskanzler Bethmann-Hollweg im Juni 1915 fest.[69] Beim „Projet d’Organisation de rapports secrets avec l’Egypte“ handelt es sich um den ausgereiftesten Entwurf, der während des Krieges entwickelt wurde.[70] Man hatte erkannt, dass eine Ursache für das Scheitern der bisher unternommenen Versuche zur Einrichtung nachrichtendienstlicher Strukturen im schlechten persönlichen Verhältnis zwischen Khedive und Großwesir lag. Als eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Arbeit der zu schaffenden Organisation galt allen Beteiligten, dass Abbas und die Nationalisten ihre Beziehungen zur türkischen Regierung, besonders zu Said Halim, deutlich verbessern mussten.[71] Das Programm sah die Einrichtung eines von Wien, dem Aufenthaltsort Abbas Hilmi II., aus zu steuernden Nachrichten- und Propagandadienstes mit internationalem Filialnetz vor.[72] Finanziert vom Khediven, der die Organisation unter Mitwirkung der Jungägypter führte[73], sollten Filialen, geleitet von Repräsentanten der Nationalpartei[74], in Athen, Konstantinopel, Neapel und im syrisch-ägyptischen Grenzgebiet eingerichtet werden, die in direkter Kommunikation mit der zu errichtenden ägyptischen Zentrale des Netzwerks in Alexandria stehen sollten.[75] Die Kommunikation unter den Zellen sollte im Geheimschriftverfahren über die jeweiligen deutschen Auslandsvertretungen bzw. türkischen Behörden stattfinden, wobei der deutschen Botschaft in Konstantinopel die größte Bedeutung beigemessen wurde.[76] In Wien sollten die zusammenlaufenden Informationen für Kampagnenplanungen ausgewertet werden.[77]

 

Die Umsetzung scheiterte bereits im Ansatz, denn Abbas Hilmi II. und der Großwesir standen sich bis zum Ende der Amtszeit Halims im Februar 1917 unversöhnlich gegenüber. Bis Januar 1916 hatte sich am mangelhaften Informationsfluss aus Ägypten und an der Ineffizienz der Propagandatätigkeit trotz anhaltender Bemühungen um das „Projet d’Organisation de rapports secrets avec l’Egypte“ nichts geändert. Oppenheim begründete dies gegenüber Farid mit der Feststellung: „Jemal Pasha did not want any Egyptians, particularly from the National Party, at his side.“[78] Aufgrund ausbleibender Insurrektionserfolge und des für die Mittelmächte ungünstigen Kriegsverlaufs genoss der Ausbau von Propagandastrukturen für den Orient seither keine Priorität mehr für die deutsche und die türkische Regierung.[79]

 

Ebenso, wie die von den Ägyptern initiierten Versuche scheiterten, nachrichtendienstliche Strukturen einzurichten, schlugen die deutschen Bemühungen fehl, ein Propagandanetz im syrisch-ägyptischen Grenzgebiet zu installieren und das hermetisch verriegelte Nilland mit Propagandamaterial zu infiltrieren. Curt Prüfer, Mitarbeiter der NfO und früherer Dragoman am deutschen Generalkonsulat in Kairo, war im Stabe General Kreß von Kressensteins beim Expeditionskorps für das Ägyptenunternehmen der für das Nachrichten- und Propagandawesen verantwortliche deutsche Offizier. Prüfer hatte die Aufgabe, einen Informationsdienst einzurichten, der Nachrichten aus Ägypten beschaffen und im Sinne der deutschen Revolutionierungspropaganda vor Ort agitieren sollte. Demnach standen in Umsetzung des von Oppenheim systematisierten Programms Pressebeeinflussung, Druckschriftenpropaganda, Provokation von Gewaltakten, Kinovorführungen, Wohltätigkeitsmaßnahmen und kleinere Festivitäten für die Bevölkerung sowie Prozessionen und Demonstrationen im Mittelpunkt der Propagandaaktivitäten[80], wie beispielsweise anlässlich der Einholung der grünen Fahne des Propheten kurz vor dem Abmarsch des Expeditionsheeres.[81]

 

Prüfer rekrutierte seine Emissäre als „Berufsspione“ oder „Privatpersonen“ aus der arabischen und jüdischen Bevölkerung in Damaskus und Jerusalem.[82] Zur Gruppe der „Berufs-spione“ zählt Prüfer jene von ihm formal instruierten und entlohnten Personen, die nach Ägypten entsandt wurden, um dort Nachrichten zu ermitteln, Propagandazellen einzurichten und die Bevölkerung direkt zu agitieren. Der zweiten Kategorie von Emissären ordnete Prüfer „Privat-Personen“ (Reisende und Händler) zu, die als Informationsquellen abgeschöpft und zu Feldbeobachtungen in die Kanalregion ausgesandt wurden. In einem weiteren Bericht an Djemal Pascha verlieh Prüfer im Frühjahr 1915 seiner Unzufriedenheit mit der bisherigen Arbeit sowie Berichterstattungs- und Agitationspraxis der Propagandazellen in Ägypten Ausdruck.[83] Es habe sich herausgestellt, dass die Emissäre „charakterlich ungeeignet“ seien, die ihnen übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Der Wert der übermittelten Informationen sei „im ganzen nicht sehr befriedigend“. Aus Prüfers Kriegstagebuch geht hervor, dass viele der rekrutierten Emissäre entweder ungeeignet oder nicht aufrichtig bemüht waren, die ihnen gegebenen Aufträge auszuführen. Prüfer notierte wiederholt, dass „Agenten“ nach ihrer Bezahlung, die wegen zu erwartender Unkosten in Vorkasse geleistet wurde, untergetaucht sind.[84] Curt Prüfer gestand damit das faktische Scheitern seiner Anstrengungen ein, in Ägypten ein Propagandanetzwerk einzurichten.[85]

 

Von den Sabotagemissionen gegen den Suezkanal und die städtische Infrastruktur in Ägypten ging ebenso wenig die erhoffte Initialzündung zur Revolutionierung aus. Dies soll am Beispiel der Mission Hilgendorf verdeutlicht werden. Der Kapitänleutnant der „Goeben“, Hilgendorf, stieß Mitte September 1914 zum Expeditionsheer.[86] Hilgendorf wurde von deutschen und türkischen Stellen in seinem Vorhaben unterstützt, mit einer kleinen Gruppe von ihm angeworbener deutscher Siedler einen Vorstoß gegen den Suezkanal zu unternehmen, um dort die Havarie eines großen Dampfers zu provozieren, um den Kanal zu sperren und die Kommunikation Englands mit seinen asiatischen Besitzungen zu unterbinden.[87] Hilgendorf, im Auftreten mehr Abenteurer als Stratege, erregte mit seinem indiskreten Verhalten und den allzu offensichtlichen Vorbereitungen nicht nur das Misstrauen der damals noch um ihre Neutralität besorgten Türken. Auch die Engländer waren bald über den geplanten Vorstoß Hilgendorfs orientiert. Das Vorhaben war damit gescheitert. Gleiches gilt für die geplante Versenkung des deutschen Frachters „Rabenfels“ im Suezkanal durch den deutschen Lotsen Brasch: Die Engländer verweigerten dem verdächtigen deutschen Schiff die Passage durch den Kanal.[88]

 

Ein weiteres Beispiel: Robert Mors, ein ehemaliger Leutnant der ägyptischen Polizei, wurde im September 1914 beauftragt, einen Sprengstoffanschlag in Ägypten zu begehen und mitzuwirken, den Guerillakrieg („Bandenkrieg“) jenseits des Suezkanals zu initiieren. Mors, der im Besitz von sensiblen Dokumenten und einer großen Menge Sprengstoff war, wurde beim Versuch der Einreise von den Engländern verhaftet.[89] Der Fall sorgte für internationales Aufsehen und diskreditierte die deutsche Orientpolitik nachhaltig.

 

 

5. Das Scheitern der deutschen Revolutionierungspolitik

 

Die deutschen Revolutionierungsbemühungen scheiterten in einer als eklatant zu bezeichnenden Weise.[90] In der über Erfolg und Misserfolg der Revolutionierungspolitik entscheidenden Phase der ersten Kriegsmonate gelang es dem Auswärtigen Amt nicht, trotz der aktiven Kooperation der Exilägypter, funktionierende Propagandastrukturen einzurichten. Auf solchen hätten im weiteren Verlauf des Krieges effizient arbeitende Institutionen aufgebaut werden können, die entsprechend der herausragenden Bedeutung, die der Ägyptenpolitik bis zum Sommer 1915 beigemessen wurde, befähigt gewesen wären, westlich des Suezkanals einen muslimischen Aufstand zu provozieren, oder wenigsten auf den Kriegsverlauf angemessen propagandistisch zu reagieren. Retrospektiv betrachtet war die deutsche Ägyptenpolitik im Ersten Weltkrieg eine zum Scheitern verurteilte Kopfgeburt in einem Krieg der orientpolitischen Illusionen.

 

Die Ursachen hierfür sind vielschichtig und den Planungen der deutschen Propagandastellen zuzuschreiben. Insgesamt gesehen ist festzustellen, dass die Ägyptenpolitik des Auswärtigen Amts und der OHL während des Weltkrieges nur in seltenen Fällen über die Planungsphase hinausgekommen ist. An erster Stelle der Ursachen für das Scheitern steht der Mangel an gesicherten, detaillierten und umfassenden Informationen über die politischen, sozialen, religiösen und militärischen Verhältnisse in Ägypten verbunden mit einer passiven Kritikunfähigkeit der Planungsstellen aufgrund ausgeprägter deutscher Überlegenheits- und Unfehlbarkeitsüberzeugungen und der hierdurch begünstigten Mentalität, offensichtliche Fehlentwicklungen zu ignorieren, Probleme auszusitzen und den verlockenden Versprechungen potentieller Emissäre Glauben zu schenken. Die hieraus resultierende und bisweilen dramatisch zu nennende Unkenntnis wirkte sich zwangsläufig negativ auf die Revolutionierungspläne und deren Umsetzung aus.

 

Des Weiteren misslang dem Auswärtigen Amt die Koordination der unzähligen Privat-Missionen und Einzelmaßnahmen, die allzu oft von nicht für ihre Aufgaben qualifizierten Personen – Abenteurern wie Mors und Hilgendorf – ausgeführt wurden. Ebenso misslang die Zentralisierung der Propagandastrukturen, denen es bis zum Ende des Krieges an Effizienz mangelte. Als weitere wichtige Ursachen für den Fehlschlag, welche die Deutschen eher indirekt zu verantworten haben, sind der Widerstand von Teilen der türkischen Regierung gegen die deutsche Revolutionierungspolitik und die englische Sicherheitspolitik in Ägypten anzusprechen.

 

Die Mehrheit der ägyptischen Kollaborateure stellte sich außerdem als ungeeignet heraus, die ihnen überantworteten Aufgaben zu erfüllen. Die Nationalisten waren nicht in der Lage, die Kommunikation mit den Parteigliederungen in Ägypten herzustellen oder die internationale Öffentlichkeit für ihre politischen Ziele zu sensibilisieren. Darüber hinaus schwächten sie sich durch anhaltende politische Intrigen und persönliche Animositäten. Letzteres gilt in besonderer Weise auch für Abbas Hilmi II. Dieser erwies sich nicht nur als ungeeigneter, sondern als unaufrichtiger, ausschließlich egoistische Interessen verfolgender Partner, der nicht davor zurückschreckte, mit allen Seiten zu verhandeln, die ihm materielle Vorteile in Aussicht stellten. Zudem boten das Auftreten Abbas’ in der Öffentlichkeit und seine politischen Affären wiederholt Anlass für pressepropagandistische Kampagnen der Ententestaaten.

 

In den Umständen ihres Zustandekommens liegt begründet, warum die Strukturen und Methoden der Revolutionierungspolitik bis zum Ende des Krieges ihren provisorischen Charakter nicht ablegen konnten, trotz vielfacher Versuche, den Propagandabetrieb zu professionalisieren. Die Eile, in welcher das Insurrektionsprogramm entworfen werden musste, um den erhofften kriegsentscheidenden Vorteil nicht zu gefährden, ist eine Erklärung für die bisweilen ungenügend ausgeführte Sorgfaltspflicht der beteiligten Akteure. Der Djihad „Made in Germany“ blieb eine Episode im Ersten Weltkrieg, die, angesichts der aktuellen Entwicklungen im Nahen und Mittleren Osten, bis heute einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt.

 

 

 

Anmerkungen:


* Manuskriptfassung. Als Aufsatz erschienen in: externer Link in neuem Fenster folgtJournal For Intelligence, Propaganda And Security Studies, Vol. 1, No. 2/07 (Graz)

 



[1] Politisches Archiv des Auswärtigen Amts, Berlin (PA-AA), R 21124, Reichskanzler Bethmann Hollweg an Unterstaatssekretär Zimmermann, Telegramm vom 7. 09. 1914.

 

[2] Vgl. hierzu: Feindbild Islam – oder Dialog der Kulturen, ed. J. Hippler and A. Lueg (Hamburg: Konkret, 2002).

 

[3] H. Müller, Islam, ğihād und Deutsches Reich. Ein Nachspiel zur wilhelminischen Weltpolitik im Maghreb 1914-1918 (Frankfurt a. M.: Peter Lang, 1991); U. Gehrke, Persien in der deutschen Orientpolitik während des Ersten Weltkrieges, 2 Bde. (Stuttgart: Kohlhammer, 1960); H.-T. Lüdke, Jihad made in Germany: Ottoman and German Propaganda and Intelligence Operations in the First World War (Münster: Lit, 2005); M. Kröger, „Revolution als Programm. Ziele und Realität der deutschen Orientpolitik im Ersten Weltkrieg“, in: Der Erste Weltkrieg. Wirkung, Wahrnehmung, Analyse, ed.. W. Michalka (Weyarn: Seehammer, 1997), 366-391.

 

[4] S. Oberhaus, „Zum wilden Aufstande entflammen“. Die deutsche Ägyptenpolitik 1914 bis 1918. Ein Beitrag zur Propagandageschichte des Ersten Weltkrieges, Düsseldorf 2007, http://docserv.uni-duesseldorf.de/servlets/DocumentServlet?id=3642 (letzter Zugriff am 01. 08. 2007).

 

[5] Die Begriffe Ägypten- und Orientpolitik werden hier synonym verwendet.

 

[6] D. M. McKale, War by Revolution: Germany and Great Britain in the Middle East in the era of World War I (Kent-Ohio: The Kent State University, 1998).

 

[7] Zur Bedeutung des Bündnisabschlusses für die deutsche Orientpolitik vgl. Oberhaus, 120-130.

 

[8] Während seiner zweiten Orientreise sprach Willhelm II. in Damaskus die zu Berühmtheit gelangten Worte: „Möge der Sultan und mögen die 300 Millionen Mohammedaner, die, auf der Erde zerstreut leben, in ihm ihren Kalifen verehren, dessen versichert sein, daß zu allen Zeiten der deutsche Kaiser ihr Freund sein wird.“ E. Johann, Reden des Kaisers. Ansprachen, Predigten und Trinksprüche Wilhelm II. (München: DTV, 21972), 81.

 

[9] Zur deutschen Orientpolitik vor 1914 siehe: L. Rathmann., Berlin-Bagdad. Die imperialistische Nahostpolitik des kaiserlichen Deutschland (Berlin: Dietz, 1962); G. Schöllgen, Imperialismus und Gleichgewicht. Deutschland, England und die orientalische Frage 1871-1914 (München: Oldenbourg, 1984); J. L. Wallach, (Ed.), Germany and the Middle East 1835-1939 (Tel Aviv: Tel Aviv University Press, 1975); W. G. Schwanitz (ed.), Deutschland und der Mittlere Osten, Comparativ, Leipziger Beiträge zur Universalgeschichte und vergleichenden Gesellschaftsforschung, 14. Jg., 1 (2004); M. Kröger, „Le bâton égyptien“- Der ägyptische Knüppel. Die Rolle der „ägyptischen Frage“ in der deutschen Außenpolitik von 1875/6 bis zur „Entente Cordiale“ (Frankfurt a. M.: Peter Lang, 1991); W. J. Mommsen, „Ägypten und der Nahe Osten in der deutschen Außenpolitik 1870-1914“, in: Der autoritäre Nationalstaat. Verfassung, Gesellschaft und Kultur im deutschen Kaiserreich, ed. W. J. Mommsen (Frankfurt a. M.: Fischer, 1990) 140-181; W. v. Kampen, Studien zur deutschen Türkeipolitik in der Zeit Wilhelm II. (Kiel: Univ., Phil. Fak., Diss., 1968).

 

[10] Vgl. hierzu das Telegramm Bethmann Hollwegs an Zimmermann vom 7. September 1914 (wie Anmerkung 1); H. Strachan, The First World War, Vol. 1: To Arms (Oxford: Oxford University Press, 2003), 700; F. Fischer, „Deutsche Kriegsziele. Revolutionierung und Separatfrieden im Osten 1914-1918“, in: Historische Zeitschrift, 188 (1959): 249-310, 260.

 

[11] J. Dülffer, „Kriegserwartung und Kriegsbild in Deutschland vor 1914“, in: Michalka, 778-798.

 

[12] Noch nach der deutschen Kriegserklärung an Frankreich hatte der Kaiser gehofft, dass sich England neutral erklären würde.

 

[13] Dülffer, 784 f.

 

[14] PA-AA, R 20938, M. v. Oppenheim, „Denkschrift betreffend die Revolutionierung der islamischen Gebiete unserer Feinde“, 125 und 136.

 

[15] V. Kampen, 64; Dülffer, 785 f; F. v. Bernhardi, Deutschland und der nächste Krieg (Stuttgart: Cotta, 1912).

 

[16] V. Kampen, 66.

 

[17] Die deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch, ed. K. Kautsky und M. Montgelas (Berlin: Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte, 1919) 2, Dok. 401, 118-120 (zukünftig zitiert als DDok). Marginale Wilhelm II. auf einem Telegramm der deutschen Botschaft aus Petersburg vom 30. 07. 1914.

 

[18] PA-AA, R 1913, Telegramm Jagows an Wagenheim vom 3. 08. 1914.

 

[19] DDok, Bd. 3, Dok. 662, 133-136.

 

[20] DDok, Bd. 4, Dok. 876, 94 f.

 

[21] T. Bussemer, Propaganda. Konzepte und Theorien, (Wiesbaden: VS-Verlag, 2005), 15 und 115.

 

[22] Die wissenschaftliche Theoriebildung erfolgte als Reaktion auf die Erfahrungen mit der Propaganda im Ersten Weltkrieg. Bussemer, 54, 115.

 

[23] Vgl. hierzu den Briefwechsel zwischen Reichskanzler Bethmann Hollweg und dem Kulturhistoriker Lamprecht im Dezember 1913 in J. Kloosterhuis, „Friedliche Imperialisten“. Deutsche Auslandsvereine und auswärtige Kulturpolitik, 1906-1918, 2 Bde. (Frankfurt a. M.: Peter Lang, 1994), 3-15; F. Dahlhaus, Möglichkeiten und Grenzen auswärtiger Kultur- und Pressepolitik dargestellt am Beispiel der deutsch-türkischen Beziehungen 1914-1928, (Frankfurt a. M.: Peter Lang, 1990).

 

[24] Vgl. die Auflistung bei Kloosterhuis.

 

[25] Vgl. hierzu zuletzt Lüdke, 74-76. Text der Proklamation in G. Hagen, Die Türkei im Ersten Weltkrieg. Flugblätter und Flugschriften in arabischer, persischer und osmanisch-türkischer Sprache aus einer Sammlung der Universitätsbibliothek Heidelberg. Eingeleitet, übersetzt und kommentiert (Frankfurt a. M.: Peter Lang, 1988), 55-58.

 

[26] Vgl. hierzu die Aufzählung in der Einleitung der vorliegenden Abhandlung. Das Dokument ist abgedruckt bei E. Zechlin. „Friedensbestrebungen und Revolutionierungsversuche“, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 25 (1961): 342-367, 363 f.

 

[27] PA-AA, R 21126, Telegramm Wagenheims an das Auswärtige Amt vom 30. 11. 1914. Der Botschafter, der in seinem Bericht eine Zusammenfassung bisher eingeleiteter Propagandamaßnahmen in der Region vornimmt, vermochte aufgrund der bisweilen unzureichenden Informationspolitik der Zentrale nicht zu erkennen, für welche Aufgabe und in welcher Funktion die deutschen und orientalischen Emissäre, die in Konstantinopel in großer Zahl eintrafen, entsandt wurden und wie diese Seitens der Botschaft zu unterstützen waren.

 

[28] Zur Person vgl. zuletzt Oberhaus, 53-72; Faszination Orient. Max von Oppenheim: Forscher, Sammler, Diplomat, ed. G. Teichmann und G. Vögler (Köln: Du Mont, 2001).

 

[29] W. Treue, „Max Freiherr von Oppenheim. Der Archäologe und die Politik“, in: Historische Zeitschrift, 209 (1969): 37-74; D. M. McKale, „“The Kaiser´s Spy”: Max von Oppenheim and the Anglo-German Rivalry before and during the First World War“, in: European History Quarterly, 27 (1997): 199-219; M. Kröger, „Mit Eifer ein Fremder. Im Auswärtigen Dienst“, in: Teichmann/Vögler, 107-139.

 

[30] PA-AA, 20938, M. v. Oppenheim. Das Memorandum ist in voller Länge abgedruckt in T. Epkenhans, „Geld darf keine Rolle spielen“. Zweiter Teil. Das Dokument“, in: Archivum Ottomanicum, 19 (2001): 121-163.

 

[31] Im Politischen Archiv des Auswärtigen Amts befinden sich umfangreiche Aktenserien zu „Unternehmungen und Aufwiegelungen gegen unsere Feinde“, die den weltumspannenden Anspruch der Insurrektionsstrategie für die folgenden Länder und Regionen dokumentieren: Die afrikanischen Besitzungen Englands, Frankreichs und Italiens, Afghanistan, Bulgarien, Finnland, Indien, Irland, Kanada, Kaukasus, Mazedonien, Persien, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Sibirien, Südafrika, Ukraine.

 

[32] PA-AA, R 20938, M. v. Oppenheim, 125 (Teil 1 des Zitats) und 136 (Teil 2 des Zitats).

 

[33] Verschiedene Eingaben an das Auswärtige Amt sind abgelegt unter PA-AA, R 20936.

 

[34] W. G. Schwanitz, „Djihad „Made in Germany“: Der Streit um den Heiligen Krieg 1914-1915“, in: Sozial. Geschichte. Zeitschrift für historische Analyse des 20. und 21. Jahrhunderts, NF 18. Jg., 2 (2003): 7-34, 18.

 

[35] PA-AA, R 20938, M. v. Oppenheim, 1 (Hervorhebung im Original).

 

[36] Ebd.

 

[37] Ebd.

 

[38] Ebd. 7 (Einrückung hier und im Folgenden durch den Verfasser).

 

[39] Ebd. 20-48.

 

[40] Ebd. 25 f. (Teil 1 des Zitats) und 29 (Teil 2 des Zitats).

 

[41] Ebd. 20.

 

[42] Ebd. 21 und 25.

 

[43] Ebd. 21 f.

 

[44] Ebd. 22.

 

[45] Zum Aufstand der Senussi vgl. Müller, 141-147 und 373-390.

 

[46] PA-AA, R 1535, H. Müller, „Die Nachrichtenstelle für den Orient, 1914-1918. Ein Bericht.“ Datiert vom 9. 08. 1918; Zur Tätigkeit der NfO vgl. H. Müller, 193-235; Oberhaus, 158-174.

 

[47] PA-AA, R 15045, Jagow an Zimmermann vom 23. 10. 1914.

 

[48] Oberhaus, 272-275.

 

[49] Ebd. 287-294.

 

[50] PA-AA, R 21123, Telegramm des deutschen Botschafters in Bern, Romberg, an das Auswärtige Amt vom 20. 08. 1914.

 

[51] PA-AA, R 21123, Telegramm Wagenheims an das Auswärtige Amt vom 22. 08. 1914.

 

[52] Vgl. hierzu: The Memoirs and Diaries of Muhammad Farid, an Egyptian Nationalist Leader (1868-1919), ed. A. Goldschmidt jr. (San Francisco: Mellen University Research Press, 1992), 173 f.; F. Steppat, Nationalismus und Islam bei Mustafa Kamil (Leiden: Brill, 1956), 338 f.

 

[53] PA-AA, R 21123, Telegramm Wagenheims an das Auswärtige Amt vom 22. 08. 1914.

 

[54] PA-AA, R 21123, Telegramm Wagenheims an das Auswärtige Amt vom 29. 08. 1914.

 

[55] Vgl. hierzu Oberhaus, 204-215.

 

[56] Ebd. 216-220.

 

[57] PA-AA, R 20938, M. v. Oppenheim, 26.

 

[58] PA-AA, R 15044, Bericht von Pannwitz’s an das Auswärtige Amt vom 10. 08. 1914 über die Lage in Ägypten zwischen dem 3. und 10. August 1914; I. Gershoni and J. P. Jankowski, Egypt, Islam and the Arabs: The Search for Egyptian Nationhood, 1900-1930 (New York: Oxford University Press, 1986), 24.

 

[59] PA-AA, R 20938, M. v. Oppenheim, 11 f.

 

[60] Oberhaus, 302 f.

 

[61] Wie Anmerkung 26.

 

[62] Vgl. hierzu P. H. Stoddard, The Ottoman Government and the Arabs, 1911 to 1918: A preliminary Study of the Teşkіlât –i Mahsusa (Ann Arbor, MI: Princeton University, PhD, 1963).

 

[63] Oberhaus, 257-263.

 

[64] Goldschmidt jr., 185 f.

 

[65] Oberhaus, 267 f.

 

[66] PA-AA, R 15046, Bericht Oppenheims über ein Treffen mit Farid vom 4. 01. 1915, 3 f.; PA-AA, R 21127, Bericht Oppenheims an das Auswärtige Amt über sein Treffen mit Abbas Hilmi II. in Wien vom 22. 02. 1915, 6.

 

[67] PA-AA, R 1504, Telegramm Flotows aus Rom an das Auswärtige Amt vom 14. 12. 1914; Strachan, 732.

 

[68] E. W. P. Newman, Großbritanniens Kampf um Ägypten (Zürich: Orell Füssli, 1930), 195.

 

[69] PA-AA, R 21134, Bericht Oppenheims an das Auswärtige Amt vom 4. 06. 1915, 1.

 

[70] Das 22 Seiten umfassende Konzept vom 15. 05. 1915 befindet sich im Durham University Library Archive (DULA), Nachlass Abbas Hilmi II (NL-AH II), Dokument 89/38-59.

 

[71] Ebd.

 

[72] Für eine Zusammenfassung der Planungen: PA-AA, R 21134, Bericht Oppenheims an das Auswärtige Amt vom 4. 06. 1915, 2-6.

 

[73] DULA, NL-AH II, 89/38-59, Projet d’Organisation de rapports secrets avec l’Egypte, 3.

 

[74] Ebd. 7-13.

 

[75] Ebd. 4 f.

 

[76] Ebd. 5 f.

 

[77] Ebd. 17.

 

[78] Goldschmidt jr., 342.

 

[79] Wie Anmerkung 48.

 

[80] PA-AA, R 21127, Bericht Prüfers an das Auswärtige Amt vom 14. 11. 1914, 5.

 

[81] Zu diesen und zu anderen Propagandaaktivitäten vgl. auch PA-AA, R 21128, Bericht Prüfers an das Auswärtige Amt vom 31. 12. 1914, 13 f.

 

[82] PA-AA, R 21127, Bericht Prüfers „L’Espionnage en Egypte“ an Djemal Pascha vom 8. 12. 1914

 

[83] PA-AA, R 21131, Bericht Prüfers „Propositions concernant l’Organisation du Service de Renseignements sur l’Egypte“ vom 1. 03. 1915.

 

[84] Hoover Institution Archives, Stanford (HIA), Nachlass Curt Prüfer (NL-CP), Kriegstagebücher, Heft 2, Eintrag vom 1. 11. 1914.

 

[85] Das soldatische Mitglied der Ägyptenexpedition, Hans-Erich von Tzschirner-Tzschirne, fällte ein vernichtendes Urteil über die Versuche Prüfers, informationsdienstliche Strukturen nach Ägypten einzurichten. Für den ungeheuer wichtigen Nachrichtendienst hatte das Auswärtige Amt dem Generalkommando einen frühren kleinen Konsularbeamten aus Kairo zur Verfügung gestellt, der anstatt eine großzügige Organisation bis weit nach Arabien und Ägypten hinein zu schaffen, so völlig versagte, daß die Hauptexpedition […] nicht einmal über die Kräfteverteilung der Engländer und ihrer Befestigungen [am Suezkanal] unterrichtet war.“ H. E. v. Tzschirner-Tzschirne, In die Wüste. Meine Erlebnisse als Gouverneur von Akaba (Berlin: W. Borngräber, 1920), 55 f.

 

[86] HIA, NL-CP, Kriegstagebücher, Heft 1, Eintrag für den 15.-20. 09. 1914.

 

[87] F. Kreß von Kressenstein, Mit den Türken zum Suezkanal (Berlin: Vorhut, 1938), 55; V. Tzschirner-Tzschirne, 78-82.

 

[88] PA-AA, R 21124, Bericht Pannwitz’s an das Auswärtige Amt vom 26. 09. 1914. Zu Blockadeversuchen gegen den Suezkanal vgl. auch W. Blasi, „Das k. u. k Marineevidenzbureau“, in: Journal for Intelligence, Propaganda and Security Studies, Vol. 1, No. 1, (2007): 30-34, 33 f.

 

[89] HIA, NL-CP, Heft 1, Einträge vom 4., 5. und 8. 09. 1914.

 

[90] Hierzu ausführlich Oberhaus, 295-309.

 

 Für eine neuere Fassung des Textes vgl. http://www.brandenburg.rosalux.de/publication/37926/deutsche-aussenpolitik-im-nahen-osten.html